Unendlich vielfältig drückt sich das Innere des Menschen in seinem Gesicht aus. Doch wenn das menschliche Antlitz im Zeitalter seiner technischen Manipulierbarkeit beliebig verändert, korrigiert, neu entworfen werden kann, droht es zum Abziehbild kulturindustrieller Stereotypen zu werden.
Die unterhaltsamste Fläche auf Erden sei das menschliche Antlitz, befand der Philosoph und Physiker Georg Christoph Lichtenberg. Vom ersten Kinderlächeln bis zur zerfurchten Greisenstirn, vom beglückten Strahlen bis zur Schmerzensfratze ist es die Bühne für unsere Gefühle. Doch in seiner schier unendlichen Wandelbarkeit ist es nicht nur unterhaltsam, es ist auch geheimnisvoll, eine Landschaft, die unser Inneres sowohl offenbaren als auch verbergen kann. Durch die ganze Geschichte hindurch haben Menschen ihr Gesicht mit Schminke, Bart oder auch Schmuck verziert, um ihrer Persönlichkeit Ausdruck zu verleihen, Unvorteilhaftes zu korrigieren, Schmeichelhaftes hervorzuheben. Heute ist die technische Entwicklung dabei, das Verhältnis von Natürlichem und Künstlichem zu verkehren. Der zunehmende Einsatz von Schönheitschirurgie, Photoshop oder KI-generierten Deep Fakes degradiert das reale Antlitz zum bloßen Material, aus dem ein beliebig wählbares virtuelles Konterfei geformt werden kann. Andrea Köhler beleuchtet, wie aus der unterhaltsamsten Fläche auf Erden eine nahezu grenzenlos manipulierbare geworden ist.