Schiefer - dieses Gestein haben beide Spielorte des ersten Kriminalromanes vom Autorenduo Franziska Hidber und Christian Ruch gemein. Das Nordkapp in Norwegen ist ein Schieferplateau, dasselbe Gestein kommt ebenso im Sarganserland, im Südosten der Schweiz, vor.
Auf der menschenleeren Insel Mageroya im Norden von Norwegen ist es oft dunkel. Hier in Honningsvag lebt der Schweizer Reto Anrig mit seiner Tochter, Studentin Selina. Als er eines Tages nach einer Wanderung nicht zurück kommt, sondern tot aufgefunden wird, ist Selina sicher: ihr Vater wurde ermordet.
Nur Einar, der Dorfpolizist, teilt Selinas Meinung - und nicht nur, weil er in Selina verliebt ist - und beginnt inoffiziell zu ermitteln. Dabei tritt er in ein paar Fettnäpfchen, dafür kann er aber mit brisanten Neuigkeiten aufwarten. Derweil reist Selina in die Schweiz, um das geerbte Haus in der Schweiz auf sie überschreiben zu lassen. Auch sie bleibt nicht untätig und erfährt einiges, ihr bis dahin unbekannte Dinge, über die Jugendjahre ihres Vaters. Selina bekommt nicht nur Post von der Gemeinde, sondern auch Drohbriefe - anscheinend passt es jemandem nicht, dass Selina im Städtli, in der Altstadt von Sargans, Fragen stellt.
Obwohl mir schon bald klar war, welche Figuren verdächtig sind, war der Krimi interessant zu lesen. In Einars Erzählstrang lernt man das Polizeiteam um Chef Olav Dunderland kennen, sowie einige Dorforiginale, aber auch den Immobilienhai Knut Halvorsen, mit dem sich Reto angelegt hat. In der Schweiz stehen die Begegnungen mit Schulfreunden von Reto im Vordergrund, wie auch zwei Ausflugsziele in der Gegend, die nicht nur der Dekoration dienen, sondern auch für die Auflösung des Falles wichtig sind.
Die Stimmungen an beiden Orten sind glaubhaft geschildert. Besonders der Teil in der Schweiz - als Heimweh-Sarganserin kann ich das bezeugen. Lokalkolorit wird gross geschrieben, auch die Namen sind gängig in der Gegend. Des Weiteren werden viele regionstypische Begriffe erwähnt. Diese zu verstehen, war für mich als Einheimische natürlich kein Problem. Auch andere Schweizer sollten keine Verständnisprobleme haben damit.
Aber so wie ich viele deutsche Leser kenne, wird das für deutsche Ohren zu viel des Guten sein. Mich hingegen irritierte das norwegische Mamma und Pappa - jedesmal hatte ich das Gefühl, sie wären falsch geschrieben. Bei richtigen Kosewörtern wäre es wohl anders, aber bei der Nennung der Eltern kam mir diese Schreibweise komisch vor.
Mehr störte mich allerdings, dass die Gedanken der Figuren in Gänsefüsschen gesetzt wurde. Die Kapitel werden ja eh von den entsprechenden Charakteren, abwechselnd von Einar und Selina, erzählt, und sind demzufolge auch Gedanken. Dass die wortwörtlichen dann eben anders gehandhabt werden, fand ich erschwerend um flüssig weiter zu lesen.
Der Titel hingegen macht viel Sinn, er wird im Laufe der Geschichte erläutert, und passt in vielerlei Hinsicht perfekt zur Geschichte.
Insgesamt ist Venner ein unterhaltender, wenn auch recht vorhersehbarer Krimi. Ein bisschen mehr Spannung hätte der Handlung gut getan. Durch den lokalen Bezug machte es mir aber viel Spass ihn zu lesen.
Fazit: Ausbaufähiger, aber solider Erstlingskrimi mit einer interessanten Handlung und viel Lokalkolorit. Nicht nur für Norwegen und Schweiz-Fans!
4 Punkte.