Der vorliegende Essay verfolgt anhand großer Texte, von der Bibel über John Milton und Diderot bis zu Kafka, die Bedeutungsvielfalt des Dienens, setzt sich mit der Dialektik von Herr und Knecht auseinander und endet mit einer Skizze des modernen Fürsorgestaates, der zum Dienstboten einer schlechtgelaunten Gesellschaft von Solipsisten geworden ist.
Dienstleistungen gibt es zuhauf, wir leben in einer Servicegesellschaft. Aber Dienstboten? Man kennt sie aus Historienfilmen, aus Fernsehserien wie »The Crown« und »Downton Abbey«. Ihr prominentester Vertreter
ist der Butler, ohne den viele englische Romane nicht auskämen. Doch das Wort »Dienstbote« hat, anders als der Postbote oder der Pizzabote, einen altmodischen Klang. Dienstboten gibt es nicht mehr. Oder doch? Wie soll man die zahllosen Menschen nennen, die eine ungeliebte, meist schlecht bezahlte Arbeit verrichten?
Ulrich Greiner wirft einen Blick auf den gegenwärtigen Umgang mit Dienstleistungen und kontrastiert diesen Befund mit vergangenen Formen aristokratischer und später auch bürgerlicher Repräsentation. Er widmet sich der Prachtentfaltung an irdischen Höfen, um darüber zu sinnieren, wie davon einst die Vorstellung vom Kosmos der himmlischen Heerscharen geprägt wurde. Denn sind nicht auch die Engel - in einem umfassenderen Sinn - Dienstboten?