Ein historischer Kriminalroman, der nichts für mich war, aber garantiert seine Liebhaber hat oder findet
Michael Jensens Blutgold spielt vor fast genau 100 Jahren, Ende der 10er- und Anfang der 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die Brüder Sass (die es wirklich gab) versuchen, ihren Vater aus den Zwängen der Polizei zu befreien, denn ihm wird vorgeworfen, an den Morden an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht beteiligt gewesen zu sein. Im damaligen Berlin kocht und brodelt es vor lauter Gefahr und politischer Intrigen.Am Anfang dieses schwer zu lesenden Buches wirkt es, als wüsste Jensen nicht genau, wen seiner Protagonisten er in den Mittelpunkt stellen soll. Immer wieder wird aus vielen verschiedenen Sichten erzählt, es werden neue Charaktere eingeführt, die - so macht es den Anschein - auch sehr wichtig für die Geschichte sein sollen. Letztlich sind es viele Charaktere, über die man als Leser den Überblick behalten muss, und es stellt sich die Frage, ob es dem Buch nicht gut getan hätte, auf die eine oder andere Person zu verzichten.Darüber hinaus sind viele Dialoge im Berliner Dialekt geschrieben, was vielleicht authentisch sein mag, das Lesen aber wesentlich anstrengender macht. Natürlich verleitet der Fakt, dass Michael Jensen diese Geschichte auf Basis wahrer Begebenheiten erzählt, dazu, alles sehr echt wirken zu lassen. Aber ich bin überzeugt, dass kein Leser das Buch zu unauthentisch gefunden hätte, wäre auf den Dialekt verzichtet worden.Überhaupt scheint die Geschichte nicht wirklich zu wissen, wo sie hin möchte. Ist sie ein Kriminalroman auf Basis wirklicher historischer Ereignisse? Handelt es sich um eine Familiensaga? Oder geht es in erster Linie um eine Art Gesellschaftskritik Anfang des 20. Jahrhunderts? Alles in allem sorgen die vielen Schauplätze und Personen sowie kleine Nebenhandlungen dafür, dass die Geschichte sehr verworren und umfangreich ist. Das macht sie anstrengend zu lesen, und ich glaube, hätte ich sie nach etwa 200 Seiten nicht als Hörbuch weitergehört, wäre es mir schwergefallen, sie zu beenden.