Es gibt Momente, in denen wir staunen und schmunzeln müssen, wie anders der Blick von Kindern auf unsere Welt manchmal ist.
Kinder denken anders, als wir. Sie nehmen vieles noch wörtlich, hinterfragen Dinge und nehmen sie anders wahr. Manche Fähigkeiten müssen sie erst noch entwickeln.
Für sie gibt es den Osterhasen wirklich und es regnet, weil die Wolken weinen.
Dr. Elisabeth Rose hat Psychologie in Regensburg und Melbourne studiert, arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie, hat eine Ausbildung zur Kinder- und Jugendpsychotherapeutin gemacht, praktische Erfahrungen gesammelt und hält Lehrveranstaltungen für Studierende der Sozialen Arbeit & der Kindheitspädagogik.
Wissen über das kindliche Denken sieht Dr. Elisabeth Rose als Schlüssel, der Eltern Sicherheit im Umgang mit ihren Kindern gibt, sie die Perspektive der Kinder besser verstehen und Bedürfnisse erkennen lässt.
In diesem Buch präsentiert sie daher zwanzig Forschungsarbeiten von namhaften Entwicklungspsychologen, welche einem Einblicke in die wichtigsten Entwicklungsaufgaben von Kindern (Säuglinge bis Anfang/ Mitte Grundschulalter) geben und einem Verständnis vermitteln, warum Kinder wie denken, fühlen und handeln und was sie für ihre Entwicklung benötigen.
Jedes Kapitel stellt eine Studie vor, beleuchtet einen Entwicklungsbereich genauer und leitet daraus Impulse und Inspirationen für den praktischen Alltag ab.
Zu Beginn des Buches macht Dr. Elisabeth Rose deutlich, dass man Studien immer kritisch gegenüberstehen sollte, dass diese zwar Rückschlüsse zulassen, dass Kinder im Durchschnitt diese oder jene Fähigkeit in einem gewissen Alter erwerben, aber nichts beweisen. Denn jedes Kind ist einzigartig und geht im eigenen Tempo seinen Weg
Da bin ich ganz bei ihr!
Doch nachdem man zwanzig Kapitel der Autorin zu zwanzig Studien gelesen hat, und was die jeweiligen Erkenntnisse für den Alltag und für Eltern bedeuten, finde ich es nicht einfach, wie sie im Nachwort dazu rät, sich von den Forschungsergebnissen nicht zu sehr beeinflussen zu lassen. Das wirkte auf mich etwas zu widersprüchlich, als hätte die Inhalte zwischen Vor- und Nachwort jemand anderes geschrieben. Denn das Buch hat mir zuvor so viel Input gegeben, wo man wie mit Kindern umgehen kann, wie wichtig die Vorbildrolle ist und was alles in der Erziehung vermieden werden sollte. Da macht man sich automatisch seine Gedanken, reflektiert die Beziehung zum Kind, die eigene Wortwahl und das eigene Handeln.
Ich finde nicht, dass das Buch zu einem entspannteren Umgang mit dem Kind führt, wie von der Autorin geplant.
Wahrscheinlich stört mich hier aber nur die Wortwahl.
Denn das Buch kann viel an Sachwissen für einen bereithalten und zu mehr Verständnis für das Kind und dessen Entwicklung beitragen. Und das ist doch die Hauptsache!
Vom Titel her hätte ich mehr Fokus auf dem kindlichen Denken erwartet. Tatsächlich liegt die Konzentration des Buches auf der Entwicklungspsychologie allgemein bei Kindern. Bei vielen der vorgestellten Experimente lässt sich jedoch ein Bogen zum kindlichen Denken schlagen. Aber es wird eben auch die sprachliche, emotionale, soziale und moralische Entwicklung von Kindern angeschaut!
Obwohl mir als gelernte Erzieherin die meisten Experimente und Forschungsergebnisse in etwa bekannt waren, konnte ich doch einiges für mich an Informationen mitnehmen und anderes für mich wiederholen.
Am eindrücklichsten und gleichzeitig am grausamsten fand ich die mir bis dahin unbekannte Monster-Studie aus den 30ern, die ihren Namen dank ihrer weitreichenden Folgen trägt. Waisenkinder zw. 5-15 Jahre, die nichts von ihrer Studienteilnahme wussten, wurden bei jedem kleinsten sprachlichen Fehler kritisiert, korrigiert und beschimpft und dadurch massiv verunsichert. Damit konnte man zeigen, dass durch negative Rückmeldung und Verunsicherung, Stottern entstehen oder begünstigt werden kann. Manche Kinder entwickelten auch Verhaltensauffälligkeiten (mieden Kontakte, Angst vor Fehlern, depressiv,).
FAZIT: Ein interessantes Buch, für alle, die sich für Entwicklungspsychologie bei Kindern interessieren! Regt zum Reflektieren des eigenen Handelns an und kann helfen, die kindliche Perspektive besser zu verstehen.