Eine Stadt in Flammen. Ein Mörder auf Mission.
Während der Pariser Studentenproteste wird die brutal zugerichtete Leiche einer jungen Frau gefunden. Arrangiert in einer Yogapose. Ihr Freund Hervé und sein Halbbruder Mersch, ein Polizist, werden in die Ermittlungen verwickelt. Da taucht eine zweite Leiche auf: wieder in einer Yogapose, wieder eine Freundin von Hervé. Will ihm jemand eine blutige Botschaft senden? Die Spur des Mörders führt um die halbe Welt bis nach Indien. Doch die schockierende Wahrheit, die Hervé dort findet, reicht noch viel weiter.
Paris, 1968: Die Straßen brennen, die staatliche Ordnung scheint ausgehebelt. Mitten in diesem Chaos findet der ebenso kluge wie wütende Student Hervé die Leiche seiner Freundin Suzanne. Sie hängt grausam ermordet in einer Yogapose von einem Balken in ihrer Wohnung. Hervé bittet seinen Halbbruder und Polizisten Mersch um Hilfe. Gemeinsam stoßen sie mit Nicole, einer Freundin des Opfers, auf eine Spur, die sie tief in die spirituellen Bewegungen Indiens führt. Doch als eine weitere Freundin von Hervé ermordet und in einer Yogapose arrangiert wird, ahnen die drei: Der Mörder hat es auf Hervé selbst abgesehen. Nur warum? Eine erbarmungslose Jagd um den Erdball beginnt, an deren Ende sich das Böse unter einer Maske aus Glaube und Macht offenbart.
»Eine ebenso blutige wie nervenzerreißende Verfolgungsjagd. « Paris Match
Besprechung vom 04.11.2024
Kommissar in Nylons
Krimis in Kürze: Günther, Grangé und Cemile Sahin
Manchmal macht die Geschichte Schriftstellern ein Angebot, das sie nicht ablehnen können. So dürfte es Ralf Günther ergangen sein, als er auf ein Ereignis aus dem Leben des Regisseurs Fritz Lang und der Filmautorin Thea von Harbou aufmerksam wurde. Im September 1920 war Langs erste Ehefrau Lisa Rosenthal unter nie ganz geklärten Umständen im Badezimmer der gemeinsamen Berliner Wohnung durch einen Schuss aus Langs Browning ums Leben gekommen. Ein Suizid, weil sie ihren Mann mit Harbou im Bett erwischt hatte? Oder ein Unfall?
Günther hat aus dieser Konstellation den Roman "Die Könige von Babelsberg" (Rowohlt, 272 S., geb., 24,- Euro) entwickelt, der mit der historischen Ungewissheit spielt und der wohl auch weiß, dass ein amerikanischer Lang-Biograph insinuierte, der 1933 ins Hollywood-Exil gegangene Regisseur habe seine Frau ermordet - wofür es keine Belege gibt. Günther skizziert in der Fiktion die Umrisse einer Dreiecksbeziehung. Und er erfindet einen sehr jungen, sehr ehrgeizigen Kommissar, der noch bei seiner Mutter im Wedding lebt und sich nicht abschrecken lassen will vom Glamour und den einflussreichen Beziehungen des Paars Lang/Harbou. Nur leider muss dieser Kommissar Beneken, um Libertinage und Weltoffenheit der Weimarer Zeit zu illustrieren, ein heimlicher Transvestit sein, der Nylons unterm Dienstanzug trägt und bei seinem Varietéauftritt von Lang und Harbou erkannt wird.
Das ist dann doch zu bemüht auf Queerness getrimmt, und das Vertrauen in die Genauigkeit der Erzählung wird auch nicht größer, wenn Beneken zur Hochbahnstation an der Uhlandstraße geht, wo immer nur eine Unterpflasterhaltestelle war.
Von den Romanen Jean-Christophe Grangés lässt sich ohne maliziösen Unterton sagen, sie seien ein wenig überkonstruiert - wie man auch bei vielen Actionfilmen konstatiert, sie nähmen es mit der Wahrscheinlichkeit nicht so genau. "Blutrotes Karma" (Klett-Cotta, 608 S., geb., 26,- Euro) zeigt, dass das kein Schaden sein muss. Im wilden Mai 1968 in Paris, zwischen Barrikaden, Generalstreik und endlosen Politdebatten, werden zwei junge Frauen aufgefunden: bestialisch zugerichtet, ausgeweidet, in Yogastellung.
Grangés Helden sind zwei ungleiche Halbbrüder: ein brutaler Polizist mit Algerien-Vergangenheit und ständig auf Amphetaminen, sein jüngerer Bruder, ein Student, der auch mal einen Pflasterstein in die Hand nimmt. Vaterlose Söhne mit einer frömmlerischen Mutter. Dazu eine Freundin der beiden Ermordeten, ein junges Mädchen aus gutem Haus, das der jüngere Bruder verehrt. Zu dritt gehen sie auf eine wilde Ermittlungsreise, die, ganz zeittypisch, wie ein finsterer, blutrünstiger Trip wirkt: nach Indien, zu Hippies, Drogen und Tantrismus, schließlich nach Rom.
Mehr soll nicht verraten sein, wie Grangé seinen Serienmörderplot mit exzessiver Gewalt und in einer bildkräftigen, manchmal überinstrumentierten Sprache entfaltet. Man folgt ihm, ohne ihm glauben zu müssen. Er kann halt erzählen. Ein Guilty Pleasure wie schon der Vorgängerroman aus der Nazizeit, "Die marmornen Träume", weil Grangé es versteht, historische Ereignisse wie in einem Exploitation-Film aufzubereiten.
Cemile Sahin ist auf einem ganz anderen Planeten zu Hause. Sie ist nicht nur Autorin, sondern auch bildende Künstlerin, Wörter und die Bilder sind bei ihr nicht zu trennen, und ihr kurdisch-alevitischer Hintergrund ist bei der Vierunddreißigjährigen sehr präsent, auch in ihrem neuen Roman "Kommando Ajax" (Aufbau, 352 S., geb., 25,- Euro). Das Buch arbeitet mit Bildcollagen von Rembrandt oder Mondrian, gibt sich mitunter als Drehbuch mit angekündigten Rückblenden oder Zooms, trennt zwischen dem, was man sieht, und dem, was man hört. Und spart nicht mit metafiktionalen Partikeln.
Es ist die Geschichte einer nach Rotterdam geflüchteten kurdischen Familie: fünf Brüder, eine Schwester, dazu Ehefrauen und Kinder. Ein Kunstraub in Boston spielt eine wichtige Rolle, es gibt einen Mord bei einer Hochzeit samt Rache der Braut, was man deshalb nicht gleich mit "Kill Bill" vergleichen muss. Cemile Sahin steht sicher auf eigenen Füßen, ihr Buch ist smart und virtuos - ein Kriminalroman für Leute, die sonst keine Kriminalromane lesen. PETER KÖRTE
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