In "Komm doch mal" spricht Joy Delima radikal offen und mit viel Humor über ihre persönliche Reise durch die Themen Sexualität, Orgasmusschwierigkeiten und Online-Dating. Dabei räumt sie mit gängigen Mythen über weibliche Lust und Sexualität auf und schafft Raum für eine ehrliche Auseinandersetzung mit Tabuthemen. Sie erzählt von schmerzhaften Erfahrungen, wie Gewalt und Missverständnissen in sexuellen Beziehungen, und davon, wie wichtig Einvernehmlichkeit und Offenheit sind. Dabei ermutigt sie Frauen und Menschen mit Vulva, ihren sexuellen Appetit zu entdecken und darüber zu sprechen. In kurzen Kapiteln beleuchtet sie Themen wie Entjungferung, weibliche Lustlosigkeit und die Rolle des männlichen Gegenübers in der sexuellen Begegnung.
Delima, Jahrgang 1994, ist nicht nur Autorin, sondern auch Schauspielerin und Theatermacherin. Sie hatte Hauptrollen in Netflix-Produktionen wie Dirty Lines und Happy Ending und schreibt Kolumnen für die niederländische Zeitschrift Volkskrant.
Meine Meinung
Zunächst einmal muss ich die Offenheit von Joy Delima hervorheben. Es erfordert viel Mut, solch intime und oft schmerzhafte Erfahrungen öffentlich zu teilen. Ihr Ansatz, wichtige Tabuthemen anzusprechen und dabei ihre persönlichen Erlebnisse als Grundlage zu nutzen, ist beeindruckend und hat sicherlich das Potenzial, Gespräche anzustoßen, die lange überfällig sind.
Allerdings hat mir beim Lesen etwas gefehlt: Fakten und Zahlen, die Delimas Aussagen zusätzliches Gewicht verliehen hätten. Sie erwähnt zwar hin und wieder Studien, doch es fehlen die konkreten Quellenangaben. Ein Vergleich zu Anika Landsteiners Buch "Sorry not Sorry" zeigt, wie eine gute Mischung aus persönlichem Bericht und wissenschaftlichen Erkenntnissen aussehen könnte. Dort sind persönliche Erfahrungen mit fundiertem Wissen unterlegt, was den Aussagen zusätzliche Glaubwürdigkeit verleiht. Diese Ebene habe ich bei Delima vermisst.
Positiv hervorzuheben ist, dass die Autorin durchgehend gendergerechte Sprache verwendet, was mir gut gefallen hat. Auch der Schreibstil ist angenehm leicht und flüssig, die kurzen Kapitel machen das Buch sehr kurzweilig und leicht lesbar. Trotz der Leichtigkeit der Sprache werden extrem wichtige Themen zur weiblichen Sexualität angesprochen von Lustscham bis hin zur Rolle des Partners oder der Partnerin. Es gibt viele wertvolle Stellen, die ich mir während des Lesens markiert habe.
Allerdings hatte ich das Gefühl, dass sich einige Themen und Aussagen wiederholen, was dem Buch stellenweise etwas die Dynamik genommen hat. Es wirkte teilweise, als ob das Buch in einem Kreislauf feststeckt, ohne wirklich weiterzukommen. Dies führte bei mir dazu, dass sich gewisse Passagen langweiliger angefühlt haben.
Obwohl Delima viele relevante Themen behandelt und die Mischung aus Essay und Sachbuch ein interessantes Konzept ist, hat sie bei mir nicht vollständig funktioniert. Vielleicht lag es an meiner eigenen Erwartungshaltung, die sich mehr auf ein klassisches Sachbuch eingestellt hatte. Dennoch bleiben die angesprochenen Inhalte wichtig und wertvoll, weshalb das Buch durchaus lesenswert ist auch wenn es für mich persönlich nicht vollends klick gemacht hat. Ich vergebe daher 3 von 5 Sternen.