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Drei drolligen Dramen
brauchen Erwachsene, die nicht dozieren, sondern Lust haben, mit rasanten Wortkaskaden zu brillieren. Der Übersetzer Ebi Naumann hat seine Anlautantennen aktiviert, um A Trio of Tolerable Tales in deutsche Texte zu verwandeln, die leise gelesen irritieren, aber laut vorgetragen für Furore sorgen.«
Hans ten Doornkaat / NZZ am Sonntag
»Ebi Naumann gelingt es trotz der formellen Schwierigkeiten, die die Übersetzung eines solchen Textes nun einmal mit sich bringt, einen eigenen Witz einzubauen «
Anna Vollmer / Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Es ist der pure Spaß am Wortwitz, der diese Texte trägt. Ich bin mir übrigens nicht sicher, inwiefern die Übersetzung hier überhaupt noch das Original übersetzen konnte oder ob man da nicht ganz neue Wege gehen musste. Es wurden auf jeden Fall haufenweise neue Wortspiele gefunden, und das finde ich echt unterhaltsam.«
Klaus N. Frick / Enpunkt-Tagebuch
Besprechung vom 16.10.2021
Resolute Range
Margaret Atwoods "Drei drollige Dramen" verliert sich in Alliterationen.
Von Anna Vollmer
Margaret Atwood hat ein Kinderbuch geschrieben. "Drei drollige Dramen" heißt es, und der Name ist Programm. Nicht, weil Atwood tatsächlich Dramen geschrieben hätte oder die besonders drollig wären. Sondern, so einfach ist das, weil die drei Titelwörter mit dem gleichen Konsonanten beginnen. Inhalt scheint hier eher nebensächlich, Hauptsache es rrr-t, ddd-t oder www-t kräftig. Alliterationen müssen also sein, koste es, was es wolle. Das sieht man schon am englischen Titel: "A Trio of Tolerable Tales" heißt das Buch in der Originalversion, drei annehmbare Geschichten. Man könnte das als kokette Bescheidenheit einer preisgekrönten Schriftstellerin deuten - warum sonst sollte man sich so dermaßen unter Wert verkaufen? Weil Atwood eben ein Adjektiv zu "tales" brauchte und offenbar sonst keins parat hatte.
So ungefähr lesen sich zumindest die Geschichten. In der ersten geht es um Rüpel Ramsay, der in einer "rundum runtergekommenen Ruine mit einer Remise auf dem rückwärtigen Dach" lebt. Er hat eine "rachsüchtige und raubeinige Restfamilie", von der er gerne weg möchte. Zum Vorlesen mag diese Sprachspielerei kurz Spaß machen, dann fragt man sich aber schon, warum Rillah, "die resolute Range", die Rüpel Ramsay im Verlauf der Geschichte kennenlernt, in einem "restaurierten Rektorat" lebt und wie man sich diese Wohnsituation nun vorzustellen hat.
Wenn die Geschichten an manchen Stellen tatsächlich lustig sind, dann ist das vor allem der Verdienst des Übersetzers. Denn Ebi Naumann gelingt es trotz der formellen Schwierigkeiten, die die Übersetzung eines solchen Textes nun einmal mit sich bringt, einen eigenen Witz einzubauen, der sich von der Originalversion auf angemessene Weise frei macht. Rebellische Radieschen, die sich auf "Reisen in Risikogebiete" den Rabiesvirus zugezogen haben könnten, haben jetzt eine eigene Komik, auf die Atwoods Originalversion von 2003 eher nicht anspielte. Und dass in der zweiten Geschichte Bobs Mutter, die ihren Sohn vor einem Friseursalon vergessen hatte, diesen ausgerechnet in einem Bericht des Magazins Bunte wiederfindet, ist eine charmante Anpassung an deutsche Leser.
Doch das tröstet nicht über die eher lahmen Geschichten hinweg, in denen, angelehnt an diverse Märchen, gebeutelte Kinder ihr Glück suchen und am Ende auch finden. Denn man ist so mit der Sprache beschäftigt, dass Lesefluss einfach nicht aufkommt. Manchmal beginnt das richtige Folgewort eben doch mit einem anderen Anfangsbuchstaben.
Margaret Atwood: "Drei drollige Dramen".
Aus dem Englischen von Ebi Naumann. Dörlemann, Zürich 2021. 72 S., geb., 19,- Euro. Ab 7 J.
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