Aufrüttelnd, zum Dialog anregend - keine leichte Kost!
Als ich die Essay-Sammlung "Girlhood" von Melissa Febos begonnen hatte zu lesen, konnte ich sie kaum wieder zur Seite legen.Auf Seite 33 schreibt Febos:"Überleg dir, was eine Frau statt zu putzen alles tun könnte. Denk also an alles, was sie zur Schlampe macht: lesen, reden, zuhören, denken, masturbieren, essen, den Himmel betrachten, [...] rauchen, malen, etwas bauen, träumen, schlafen, einen Plan aushecken, ein Komplott schmieden, lachen, mit Tieren kommunizieren, mit Gott kommunizieren, sich selbst als Gott betrachten oder sich eine Zukunft erträumen, in der ihre Zeit nur ihr und sonst niemandem gehört." Schnell wird ersichtlich, wie der Begriff Schlampe heute verwendet wird und welch eine Last er in sich birgt. Sie erzählt von ihrem "Liebesleben", das in jungen Jahren zum Teil alles andere als liebevoll war, Begegnungen mit Männern und Übergriffen; Erfahrungen mit dem eigenen Körper ("Ein Orgasmus war etwas, das nur mich anging, ein Feuerwerk im Dunkeln meines eigenen Körpers.") stehen im Kontrast zu Begegnungen mit anderen, der sie sich oft nicht zu entziehen weiß und die einen gewissen Reiz ausüben. Mit ihrem frühreifen Körper wird ihr viel männliche Aufmerksamkeit zu Teil, für die sie nicht bereit war. Im weiteren Verlauf beschreibt sie Beziehungen mit Frauen und ihren Weg dahin, ihren Körper zu akzeptieren.Die Gesellschaft hat ein Bild davon, wie Frauen zu sein haben und wir werden von diesen Erwartungen bombardiert, sind damit beschäftigt, einem Ideal zu entsprechen. "Wir sind zu klein, zu groß, zu dick, zu dünn, zu dunkel, zu steif, zu locker, zu fürsorglich, zu nachgiebig, zu durchsetzungsfähig, zu schwach oder zu stark."Febos beschreibt auch einige Erfahrungen der in ihrer Vergangenheit liegenden Drogen-Sucht und hebt hervor: "Es gibt Tage, an denen ist der nächste Rausch die einzige verfügbare Erleichterung."In ihrem sehr offen erzählten Werk hat mich jede Seite gefesselt. Es sensibilisiert für die Notwendigkeit einer reflektierten Sichtweise und zeigt Ideen auf, was in der Erziehung anders gemacht werden sollte, um Mädchen und Frauen zu schützen und vorzubereiten. "Grenzen setzen" umfasst ein weiteres Thema, mit dem sich auseinandergesetzt wird; welche Stolpersteine durch unsere Sozialisierung erschweren, nein zu sagen. "Leere Zustimmung" wird in diesem Zusammenhang ebenfalls beleuchtet. Manchmal fühlt es sich sicherer an, ja zu sagen, auch wenn der Körper nicht will.Diese Sammlung hinterlässt Spuren in meinem Leben; regt zum Austausch und zur Selbst-Reflexion an. Ein wichtiger Themenkomplex, mit dem sich jeder auseinandersetzen sollte. Eine klare Empfehlung!