Connelly ist eine sichere Bank für Cop-Thriller, auch wenn Ballard hier fast von Bosch überstrahlt wird.
"Entweder zählt jeder, oder es zählt keiner." Auszug Seite 159"Glutnacht" ist der dritte Band um LAPD Detective Renée Ballard und der zweite, in dem sie mit Harry Bosch zusammenarbeitet. (der 22. mit Harry) Harry, seit vier Jahren im Ruhestand und mit gesundheitlichen Problemen belastet, muss seinen ehemaligen Kollegen beim LAPD John Jack Thompson zu Grabe tragen. Thompson war eine Legende, hatte in mehr als vierzig Jahren beim LAPD viele Übeltäter aus dem Verkehr gezogen und galt für Generationen von Detectives als großes Vorbild. Bei der Beerdigung übergibt seine Witwe Harry eine Akte, die ihr verstorbener Mann entwendet und jahrelang unter Verschluss gehalten hatte. Das MordbuchDieses Mordbuch enthält die gesammelten Ermittlungsdokumente eines ungeklärten Mordes an einem jungen Mann. John Hilton war vor fast drei Jahrzehnten in einer Durchfahrt, die für Drogengeschäfte genutzt wird, erschossen worden, in einer Zeit, in der die Mordrate in der Geschichte von Los Angeles am höchsten war. Bosch lässt das keine Ruhe, Thompson war sein Mentor gewesen und sein Moralkodex, dass jedes Opfer zählt, oder kein Opfer zählt, hatte er von ihm. Harry fragt sich, ob Thompson etwas verbergen oder den Fall im Ruhestand bearbeiten wollte? Bosch darf offiziell natürlich nicht mehr ermitteln und hier kommt Renée Ballard ins Spiel. Aufgrund ihrer Beschwerde der sexuellen Belästigung gegen ihren Vorgesetzen war sie in die ungeliebte Nachtschicht der Hollywood Division verbannt worden. Mittlerweile hat sie sich damit arrangiert. Allein mit der Tatsache, dass sie immer als erste am Tatort ist, um das Verbrechen aufzunehmen, aber am anderen Morgen an die Kollegen abgeben muss, hadert die ehrgeizige Polizistin. Besonders der Fall des Obdachlosen, der tragischerweise in seinem Zelt verbrannte, und den sie an das Fire Department abgeben muss, geht ihr nicht mehr aus dem Sinn. Auch wenn die Ermittlungen nicht mehr in ihren Zuständigkeitsbereich fallen.Nachts, wenn die Neonreklamen und der Glitter erloschen, war Hollywood ein anderer Ort. ... Dann wurde es ein Ort für Raubtiere und ihre Beute und nichts dazwischen, ein Ort, wo die Besitzenden hinter ihren verriegelten Türen in Sicherheit waren und die Habenichtse frei herumstreifen. Auszug Seite 18Während Bosch und Ballard in dem ungelösten Cold Case ermitteln und überraschenderweise ziemlich schnell Hinweise auf den vermeintlichen Mörder finden, kommt noch ein dritter Fall hinzu, in dem der Lincoln Lawyer auftaucht, eine weitere Figur aus dem Connelly-Universum. Anwalt Mickey Haller verteidigt einen Mann, der des Mordes an einem sehr angesehenen Supreme-Court-Richter angeklagt ist. Er bittet Bosch, seinen Halbbruder um Hilfe, denn trotz des Geständnisses seines Mandanten und stichhaltiger Beweise ist er von dessen Unschuld überzeugt. Bosch willigt ein und versucht einen Zeugen zu finden und in den Zeugenstand zu bringen. Dafür soll Haller ihn bei einer Klage gegen die Stadt Los Angeles vertreten, da er die kürzlich bei einer Routineuntersuchung erhaltene Diagnose einer chronischen Erkrankung berufsbedingt einstuft. Das DreamteamConnelly hat mit der Figur des Harry Bosch, einem bissigen Polizisten, der sich nur der Fairness und Gerechtigkeit verpflichtet fühlt, eine Ikone geschaffen. Und nach unzähligen Romanen und sieben Staffeln der Fernsehserie Bosch fand ich die neue Figur der Renée Ballard richtig erfrischend. Als sie im zweiten Band auf Harry traf, habe ich gejubelt, obwohl sie auch da schon etwas in den Hintergrund tritt. Und jetzt in "Glutnacht" wird sie fast von Bosch und seiner Strahlkraft überrollt. Ich hätte gerne mehr über die gebürtig aus Hawaii stammende, unkonventionelle Polizistin erfahren. Ich glaube, sie hat auch das Potential dazu. Sie lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen und wenn sie auf ihren ehemaligen, verhassten Chef Olivas trifft, sprühen die Funken. Die beiden Einzelgänger ergeben zusammen ein perfektes Ermittlerduo, sind gleichberechtige Partner, die sich ergänzen, Ballard mit ihrem aktiven Job beim LAPD und Bosch mit seiner langjährigen Erfahrung. Zusammen ermitteln sie in drei verschiedenen Fällen bis zu der nachvollziehbaren Auflösung. Das FazitWie bei fast allen Romanen aus dem Connelly-Kosmos führt der Spezialist für Polizeikrimis mehrere Handlungsstränge in gewohnter Qualität zu einem feinen Plot zusammen. Die realitätsnahe Schilderung der Polizeiarbeit sowie die detaillierten Beschreibungen der Gerichtsverfahren sind genauso glaubwürdig wie unterhaltsam. Trotz einiger Gefahrenszenen für die beiden Protagonisten und gelegentlichen Actionszenen schleicht sich die Spannung eher langsam an. Die Aufklärung der Fälle steht bei Connelly immer im Vordergrund.Im Original gibt es bereits zwei weitere Bände mit Bosch und Ballard. Im Nachlass von John Jack Thompson gibt es noch einen weiteren Fall, und den wollen sich die beiden Einzelkämpfer als nächstes vornehmen. Und ich werde auch wieder zu dem wunderschön vom Kampa-Verlag designten Cover greifen und Bosch und Ballard durch die Straßen von Los Angeles begleiten.Fun Fact: Amazon will das Bosch-Universum um zwei weitere Serien um die Detective Jerry Edgar und Renée Ballard erweitern und arbeitet an der Entwicklung. Weiterer Fun Fact: Es gab kürzlich für eine Charityaktion ein T-Shirt käuflich zu erwerben mit der Aufschrift: Everybody counts or nobody counts (Ich habe es dann doch nicht bestellt. )