Unter den Klassikern der Dark Fantasy nimmt Elric von Melniboné sicherlich einen der ikonischsten Plätze ein. Als schwächlicher Albino, gesundheitlich auf diverse Tränke und Tinkturen angewiesen, sitzt der Antiheld als Sproß eines jahrtausendealten Herrschergeschlechts auf dem Rubinthron des einstmals unangefochtenen Herrschervolkes Melniboné, das durch Dekadenz und Abarttigkeiten mehr und mehr in seiner Vormachtstellung durch jüngere Königreiche gefährdet wird.
Von seinem Cousin Yyrkoon gehasst und ständig herausgefordert, liebt er dessen Schwester Cymoril, und die glücklichsten Momente sind für ihn, die Stunden, die er mit seiner Geliebten verbringen darf. Doch all ihre gemeinsamen Zukunftspläne werden von dunklen Schicksalswolken überschattet: Als Yyrkoon schließlich seinen Kaiser und Vetter verrät und Elric dem vermeintlich sicheren Tod überlässt, sieht sich Elric kurz darauf gezwungen, einen alten Pakt seines Volkes mit den Chaosgott Arioch wieder zu erneuern, ein Pakt, der ihn schon bald seinem Schicksal begegnen lässt der seelenverschlingenden und kraftspendenden schwarzen Runenklinge Sturmbringer, sicherlich eines der berühmtesten Schwerter in der Geschichte der Fantasy.
Elric, Melniboné, Arioch, die seelentrinkenden Runenschwerter Sturmbringer und Trauerklinge all das bettete Michael Moorcock über Jahrzehnte in sein Konzept des Ewigen Helden ein, der in verschiedensten Inkarnationen und Zeitaltern gegen das Chaos und seine Götter kämpft. In weiteren Romanen schließen sich noch die Inkarnationen Prinz Corum, Dorian Falkenmond, Erekose und viele andere diesem Kampf an, doch Elric ist sicherlich eine der charismatischsten und faszinierendsten Figuren in Moorcocks Opus. Ein Herrscher, der eigentlich mit den grausamen Traditionen seines Volkes brechen will, der aus Liebe und Fürsorge einen quasi faustischen Pakt eingeht und fortan im Konflikt mit seinem Gewissen und den Bedürfnissen seiner stets durstigen Klinge steht.
Hannes Riffel hat mit seiner Neuübersetzung wunderbar den Spagat geschafft, der gewaltigen und teils archaisch klingenden Sprache Moorcocks einen modernen Anstrich zu geben, ohne dem Werk die urtümliche Kraft zu nehmen und der Geschichte trotzdem einen rauhen, märchenhaften Klang zu verleihen.
Wer also düstere Fantasy, tragische Antihelden und epische Geschichten in einem ausgeklügelten, abwechlusngreichen Universum mag, der sollte Segel setzen nach Imrryr, der träumenden Stadt, der Residenz des Weißen Wolfs, Elric von Melniboné.
Grundlage dieser Empfehlung ist das unkorrigierte Manuskript, das freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde.