Über das uralte Liebe zu lesen, das ist immer wieder neu und nie zuende. Aber über Sex zu lesen, den ein alter Mann mit einer jungen Frau gehabt hat, das ist im besten Fall langweilig, im schlimmsten peinlich, so etwa, als der alte Mann das Blut aufschleckt, welches die junge Frau natürlicherweise regelmäßig verliert. Daneben will Roth auch eine gesellschaftliche Analyse liefern und verbricht zum Beispiel folgendes:
"Alt zu sein bedeutet für alle, die noch nicht alt sind, dass man gewesen ist. Aber wenn Sie alt sind, bedeutet es, dass sie trotz ihrer Gewesenheit, zusätzlich zu ihrer Gewesenheit, über ihre Gewesenheit hinaus noch immer sind. Ihre Gewesenheit ist sehr lebendig. Sie sind noch immer, und dieses Noch-immer-Sein und seine Fülle verfolgen Sie ebenso wie die Gewesenheit, die Vergangenheit." (S. 44)
Mag sein, dass dieser Passus im amerikanischen Original etwas eleganter klingt, in der Übersetztung (von Dirk van Gunsteren) tönt das in meinen Ohren nur grauenhaft.
Ich habe mehr erwartet von diesem so bedeutenden Autor, vor allem habe ich mehr Text erwartet: Nach nur 164 locker bedruckten Seiten ist diese bessere Novelle schon wieder zuende, und die Art, wie sie zuende gebracht wird, erweckt den Eindruck, als hätte ein erfolgsverwöhnter Autor einfach keine Lust mehr zum Weitermachen gehabt.
© Andreas Reikowski