Zwei Brüder müssen sich zwangsläufig mit dem Tod ihres an den Folgen seiner Krebserkrankung verstorbenen Vaters auseinandersetzen. Das ist äußerst schmerzlich für den zweiunddreißigjährigen Peter, ein erfolgreicher, kompetenter Anwalt in Dublin, der wortgewandt und dem äußeren Anschein nach unantastbar durch sein Leben spaziert. Er fühlt sich plötzlich fremd, unerkannt, weil der Vater, bei dem die Brüder einen Großteil ihrer Jugend verbrachten, aufgewachsen sind, nachdem die Ehe der Eltern scheiterte, ihm nicht genug Aufmerksamkeit durch gemeinsame Gespräche gewidmet hat. Es ist eine späte Reue, die ihn in eine tiefe seelische Krise, einen depressiven Zustand versetzt. Ivan, der zehn Jahre jüngere Bruder fühlt sich eher befreit nach dem Ableben des Vaters, welcher sein Leben nicht mehr lebenswert gestalten konnte. Der introvertierte Einzelgänger und leidenschaftliche Schachspieler stößt allein schon durch seine äußere Erscheinung, wie er sich kleidet und sich kommunikativ seiner Umwelt gegenüber präsentiert, auf totale Ablehnung bei Peter.
Ob dieses Konfliktpotenzial durch die heilende Wirkung der Liebe trotz erbittertem Streit der beiden Kampfhähne aufgelöst werden kann, erzählt Sally Rooney in ihrem bemerkenswerten Roman 'Intermezzo'. Beim Schachspiel ist ein Intermezzo ein Zwischenzug, der unverhofft erfolgt, als Bedrohung angesehen wird und daher eine unmittelbare Reaktion des Gegenspielers erfordert. Hier spiegelt sich das gegenseitige widersprüchliche Verhalten der Brüder wider. Gekonnt werden die inneren Monologe mit den Dialogen verknüpft, die dem Leser ein tiefes, komplexes Verständnis der Charaktere vermittelt, sie in voller Lebendigkeit erstrahlen lässt. Die Autorin zeigt auf wie tief emotionale Wunden sitzen, welchen Schmerz sie zu verarbeiten haben.
Ich gebe diesem großartigen Roman, der die Generationen jeden Erwachsenenalters begeistern wird, meine Leseempfehlung.