Ich liebe die Schmuckausgaben aus dem Coppenrath-Verlag, denn hier bietet sich einem ein ganz besonderes Leseerlebnis. Dank der hochwertigen Gestaltung und der vielen Extras, die sich zwischen den Seiten verstecken, taucht man förmlich in die Handlung ein.
Von Thomas Hardy hatte ich zuvor noch nichts gelesen und ich freue mich das ich durch "Tess" endlich auch diesen Klassiker lesen durfte. Der englische Schriftsteller hat mit "Tess" einen ganz besonderen Roman geschrieben, der die Gesellschaft zur damaligen Zeit genauer unter die Lupe nimmt und in Frage stellt.
Tess Durbeyfield ist die Hauptprotagonistin, die die älteste Tochter einer armen Familie von Landarbeitern ist. Ihr Leben verändert sich drastisch als ihr Vater vom Pfarrer erfährt, dass die Durbeyfields angeblich adliger Abstammung seien. Unglückliche Umstände führen dazu das die Familie ihr Zugpferd verliert. Gerade finanziell gesehen ist das eine Katastrophe für die Familie. Da wird die Entscheidung getroffen Tess zu Mrs. d'Urberville, einer vermeintlichen Verwandten, geschickt. In Trantridge angekommen trifft Tess auf den Sohn des Hauses, Alec, der Gefallen an der hübschen Frau findet. Tess wird im weiteren Verlauf Alec Geliebte, bis sie sich von ihm abwendet und wieder nach Hause zu ihrer Familie zurückkehrt. Einige Zeit später heiratet Tess Angel Clare, den Sohn des Pfarrers, der Tess wiederum verstößt, nachdem er erfährt das sie keine Jungfrau mehr ist. Seine Moralvorstellungen führen ihn dazu Abstand zu seiner Frau zu nehmen, was für Tess zu eine Katastrophe führt.
Für mich war der Werdegang der Hauptprotagonistin keine leichte Kost. Ich habe förmlich mitgelitten und -gefiebert und habe Tess nur das Beste gewünscht. Mehr als einmal erlebt man wie schwerwiegend veraltete Moralvorstellungen wie auch die Doppelmoral eine Rolle im Leben der Charaktere spielen. Vor allem Tess leidet sehr darunter. Während es z.B. für Angel in Ordnung ist vor der Ehe eine Beziehung einzugehen, ist es für Tess gesellschaftlich undenkbar. Obwohl sie sich Angel anvertraut, schreckt er plötzlich vor ihr zurück und brandmarkt Tess damit. Umso deutlicher zeigt sich wie intransparent Paare voreinander agieren.
Auch wenn sich die männlichen Charaktere gerne als Freigeist bezeichnen ist es doch Tess, die unter ihren Ansichten zu leiden hat. Weder von ihrem Mann noch von ihrer großen Liebe, erhält sie den Rückhalt, den sie so dringend braucht. Immerhin hat sie durch Alec und Angel viel durchlebt. Für einen Literaturklassiker finde ich die Thematik auch heute noch sehr aktuell und interessant. Mich hat Tess Geschichte sehr mitgenommen und emotional sehr berührt. Das hat mich manchmal in meiner Lesebegeisterung etwas gehemmt, denn Tess Schicksal hat mich manchmal etwas runtergezogen und am liebsten hätte ich sie mehr als einmal in den Arm genommen. Tess ist eine großartige Erzählung, die nicht schöner herausgegeben werden könnte. Dieser Augenschmaus hat mich während meiner Lektüre auf eine unglaubliche Zeitreise geführt.
Gerade Leser von Literaturklassikern werden an dieser Geschichte ihre Freude haben. Ich freue mich sehr das so eine wundervolle Ausgabe von Thomas Hardy bei mir einziehen durfte.