Bei keiner Sportart liegen Triumph und Tragödie so eng bei einander als bei der Rallye Dakar.
Der 40. Sieger in den Kategorien Motorrad ist gekürt, doch die Motorsportwelt trauert um Paulo Goncalves und bangt um Edvin Straver, der nach einem Sturz mit nur 50km/h wiederbelebt werden musste.
Zahlt sich das wirklich aus? Die Motorrad-Freaks werden mit glänzenden Augen sagen: "Ja, natürlich" und "Berufsrisiko". Wenn man das Buch von Werner Jessner in Händen hält, größer als A4 quer, 340 Seiten und mehr als 2,5 kg schwer, kann man sich kaum der Faszination dieser Rallye entziehen. Über 100 beeindruckende Fotos von Landschaften und Rennfahrern zeigen, was die Anziehungskraft dieser Veranstaltung ausmacht.
In 16 Kapiteln, die als "Etappen" bezeichnet werden, beleuchtet der Autor die Dakar von ihren Anfängen bis heute.
Ursprünglich führte die Rallye von Paris nach Dakar und änderte auf Grund von politischen Ereignissen im Verlauf der 40 Jahre mehrmals ihre Route.
Gut gelungen sind die authentischen Erlebnisberichte von Gründern, Organisatoren, Rennfahrern, Team-Chefs und Begleitern.
Besonders jener von Heinz "Kini" Kinigadner sticht hier besonders heraus. Er hat mit der Dakar eine sehr persönliche Herausforderung und Beziehung. Kinigadner (und den Konstrukteuren) ist es zu verdanken, dass die kleine oberösterreichische Firma KTM gleich 18 Sieger stellen konnte. Kinigadner nimmt sich kein Blatt vor den Mund und in seinen Erzählungen steckt nach wie vor Begeisterung für die härteste Ralley der Welt. Es gab einmal den (sexistischen) Spruch "lieber einmal Sidney Rome als einmal Paris-Dakar" - eingefleischte Motorradfans lehnen das natürlich ab. Für die, die Sidney Rome nicht kennen - sie ist eine amerikanische Schauspielerin.
Das Buch listet alle Sieger der unterschiedlichen Kategorien samt technischer Daten auf. Wenn nun der Eindruck entstehen sollte, die Dakar sei eine rein männlich Domäne, so sei Jutta Kleinschmidt erwähnt, die 2001 die Wertung der Automobilwertung gewann.
Außerdem kann man die Rennstrecken seit 1987 an Hand der Landkarten verorten.
Zusätzlich erhalten wir Einblick in die Geschichte der Rennteams.
Ursprünglich war 2003 eine Autobiografie von Heinz Kinigadner, DEM Motorradfahrer Österreichs geplant. Dann, wenige Tage vor der Drucklegung verunglückt sein Sohn Hannes bei einem Benefizrennen schwer und ist seit dem vom Hals abwärts gelähmt. Daher blieb die Autobiografie Kinigadners ungedruckt, unvollendet wie die Dakar. Denn nach Hannes` Unfall gibt Heinz Kinigadner seine aktive Rennsportkarriere auf.
Ein Seitenblick sei noch auf die Klimakrise geworfen: Wer ausschließlich den Motorsport verteufelt, sieht nicht über seinen Tellerrand hinaus. Wenn 50.000 Leute nach New York fliegen, um dort am Marathon teilzunehmen ist die Öko-Bilanz auch nicht wirklich ausgewogen.
So gesehen ist jede Sportgroßveranstaltung fragwürdig, sei es ein Radrennen, der Schiweltcup, Olympische Spiele oder ein Fußballgroßereignis.
Fazit:
Ein tolles Buch, das die Herzen der Motorsportfans höher schlagen lässt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.