Wenn eine ausgebildete Sextherapeutin ein Buch mit einem solchen Titel schreibt, dann hat das auch etwas Komisches an sich. Leider hat sich mir diese Komik beim Lesen nicht wirklich eröffnet. Bei aller Geduld, die man gelegentlich beim Lesen aufbringen muss - bei einem Sachbuch kann man doch wenigstens nach einer Weile erwarten, dass die Autorin auf den Punkt kommt. Das tut sie aber nicht. Stattdessen wälzt sie ihr Thema nach allen Richtungen in einer Art und Weise aus, die meine Geduld am Ende ziemlich strapaziert hat.Versuchen wir es doch einfach einmal mit Logik. Wenn es in einer Beziehung keinen oder nur sehr wenig Sex gibt, dann kann das verschiedene Ursachen haben. Ist jemand physisch oder psychisch krank oder behindert, dann muss man das in einem solchen Buch nicht thematisieren oder wenn doch, dann nur am Rand, denn dann ist es wohl selbstverständlich, dass der andere Rücksicht nimmt. Zu therapieren gibt es hier nichts. Es sei denn, diese Rücksicht fehlt. Dann hilft oft eine ganz einfache Therapie, nämlich die baldige Trennung.Es kann auch der Fall eintreten, dass beide Partner keinen Sex wollen. Auch hier braucht keiner von beiden eine Therapie. Somit bleibt der Fall, dass beide eigentlich können, aber einer von beiden nicht will. Statt sich darauf zu konzentrieren und sich zu den möglichen Gründen zu äußern, beschreibt die Autorin die ganze Bandbreite ihres Themas, also auch die oben ausgeschlossenen Fälle. Dazu kommen noch ihre persönlichen Erlebnisse. Sie kennt nach ihren Bekundungen beide Möglichkeiten: einmal wurde sie nicht gewollt, und ein anderes Mal wollte sie nicht. Interessant wäre es an dieser Stelle doch gewesen, Gründe dafür zu erfahren. Da würde es spannend werden. Dazu kommt es jedoch nicht.Statt sich also ums Wesentliche zu kümmern, dreht sich die Autorin ständig im Kreis ohne dabei die Dinge wirklich beim Namen zu nennen: Selbstverständlich kann man niemanden zum Sex in einer Beziehung zwingen. Aber kann man verlangen, dass der andere die selbstgewählte eigene "Sexfreiheit" gefälligst zu akzeptieren und gleichzeitig selbst dann aber auch abstinent zu sein hat, obwohl er das nicht will? Wo bleibt da die Symmetrie, die eine Beziehung braucht? Eine solche Forderung ist nur dann fair, wenn es hinreichende und zeitlich begrenzte Gründe dafür gibt, wenn also ein Problem besteht, das man lösen kann. Ansonsten kann und muss man damit rechnen, dass die Beziehung in die Brüche geht, wenn sie nicht sowieso schon zerstört ist, man es aber nur noch nicht wahrhaben will.Ein solcher Grund kann beispielsweise eine Überforderung im Job, mit Kleinkindern oder ein Ärger sein, der sexuelle Lustlosigkeit bewirkt, weil man sich auf anderes konzentriert. Wenn jedoch dauerhaft und einseitig die sexuelle Leidenschaft abhandengekommen ist, zerstört das mit Sicherheit die Statik jeder Beziehung. Eine "Sexfreiheit" als Lösung zu propagieren, gewissermaßen als neue Normalität, ist einfach lebensfremder Blödsinn. Analog könnte mir ein Arzt sagen, ich solle mich doch umbringen, dann bin ich auch nicht mehr krank.Die Autorin kommt nie wirklich präzise zur Sache. Sie schreibt zwar, dass es meistens Frauen sind, die Sex verweigern, aber sie äußert sich kaum systematisch zu den Ursachen. Wenn der männliche Partner ungeschickt ist oder sich nicht ausreichend um seine Frau kümmert, dann wäre das doch beispielsweise ein Fall für eine Sextherapeutin, denn hierfür gibt es verschiedene Ursachen, von denen manche behoben werden können, andere hingegen nicht. Das ist mit Sicherheit ein weites Feld. Aber leider macht die Autorin sich nicht die Mühe, es auch nur ansatzweise zu bestellen. Sie erwähnt zwar verschiedene Varianten, aber es gelingt ihr nicht, die Dinge systematisch zu behandeln. Sie schwatzt nur viel. Man könnte dieses Buch ohne Substanzverlust auf wenigstens die Hälfte seines Umfanges reduzieren.Ich kann gut verstehen, dass sich vor allem Frauen durch dieses Buch angesprochen fühlen, weil sie sich in ihrer gelegentlich durchaus berechtigten Verweigerungshaltung bestätigt fühlen. Aber das löst kein Problem. Ich erwarte von einer Sexualtherapeutin, dass sie Paaren hilft, ihr Problem erst einmal zu benennen und zu verstehen. Vielleicht kann man es lösen, vielleicht auch nicht. Die Therapeutin sollte bei diesem Erkenntnisprozess moderierend helfen. Leider hat sich bei mir während des Lesens der Eindruck verfestigt, dass die Autorin damit überfordert ist, weil sie schon in diesem Buch nicht auf den Punkt kommt und stattdessen irgendeine neue Ideologie der Sexfreiheit propagiert, die bestehende Probleme nicht löst.Sicher geht es hier um ein komplexes und kompliziertes Thema. Die meisten Menschen leben nun mal in nicht idealen Beziehungen. Ideal wäre es, wenn zwei Menschen sich begegnen und danach körperlich nicht mehr voneinander lassen können. Wenn sie dann auch noch beste Freunde werden und auch im Alltag zueinander passen, also sich in den Kleinigkeiten des Lebens gut verstehen, dann hat das Universum die perfekte Mischung gefunden. Doch davon sind die meisten Beziehungen weit entfernt. Sie sind meistens ein Kompromiss, oft an der Schmerzgrenze des Erträglichen. Die Liebe ist verlorengegangen oder war in Wirklichkeit nie da. Trennungen sind hart, schwierig und schmerzhaft, aber oft der beste Weg der Wahrheit zu begegnen.Die Autorin schlägt daneben auch noch eine "offene Beziehung" vor. Aber auch das ist meistens die bequeme Verschleppung einer Lüge, die nur weiter verfolgt wird, weil man sich nicht aufraffen kann, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen und konsequent zu sein.Selbstverständlich kann man sich auch auf den Standpunkt stellen, dass kein Sex immer noch besser ist als schlechter Sex. Aber ist das die Lösung? Das ist eher eine Kapitulation, die in diesem Buch auch noch glorifiziert wird.