Dass Reichtum nicht glücklich macht, ist eine Binsenweisheit. Und dass reiche Familien vor allem durch Intrigen und Erbstreitigkeiten gekennzeichnet sind, ist ein Klischee.
Das hier in diesem Roman umfassend bedient wird, sind doch alle Mitglieder der im Mittelpunkt stehenden Familie Shropshire wahre Durchtriebene, die es weder mit der Familienliebe noch mit der Wahrheit allzu genau nehmen.
In diesem wendungsreichen Roman dreht sich alles um das künftige Erbe von Ed Shropshire, knapp 80jähriger Patriarch und steinreicher Industrieller. Seine Kinder Martin, Teddy und Alana sind so ganz und gar nicht damit einverstanden, dass er plant, seine 50 Jahre jüngere Krankenpflegerin zu heiraten. Also spinnen sie diverse Pläne, die junge Kelly zu vertreiben, sei es notfalls mit Gewalt.
Doch die Dinge sind alle nicht so, wie sie zu sein scheinen, jeder denkt zuerst nur an sich selbst, keiner traut dem anderen. Dabei ist Alana, aus deren Sicht der Roman erzählt, eine völlige Außenseiterin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter einer schwer kranken Tochter von einem Teilzeitjob in einem Frauenhaus, kann gerade so die Miete aufbringen und die Pflege ihrer Tochter finanzieren.
Sie wird nun von ihrem Stiefbruder Martin aufgefordert, ihn und Teddy bei der Intrige gegen Kelly zu unterstützen, er bietet ihr dafür eine immens hohe Summe an. Nur irgendwie klappen alle Pläne nicht so, wie sie sollen, stets entwickeln sich die Dinge in eine ganz andere Richtung.
Es ereignen sich Unfälle, es ergeben sich ständig wechselnde Bündnisse und keiner weiß so richtig, wer eigentlich die Fäden zieht.
Das ist spannend geschrieben, gerade weil man nie vorausahnen kann, was als nächstes geschieht, welche Bombe nun wieder nach hinten losgehen könnte. Niemandem kann man auch als Leserin trauen, nichts ist, wie es scheint.
Die Figuren sind einigermaßen ausgearbeitet, aber leider auch teils wandelnde Klischees. Dies gilt für den frauenverschlingenden Teddy, für den geldversessenen Martin und es gilt für Gertrud, Martins als arg tumb und naiv dargestellte Freundin. Und es gilt natürlich auch für den strengen, selbstgerechten Übervater Ed.
Je weiter die Handlung voranschreitet, desto weniger kann man vorhersehen, wie es ausgeht. Das Ende, das dann kommt, die Auflösung, ist somit völlig überraschend. Was an sich für einen Roman fabelhaft ist, andererseits fehlen hier alle möglichen Hinweise im Vorfeld, es gibt keinerlei wie auch immer geartete Andeutungen auf dieses Ende, so dass es ein wenig anmutet, als wäre es der Autorin eben auch erst am Ende eingefallen. Es wirkt ein bisschen sehr konstruiert und auch nicht recht realistisch, von daher hat mich das Ende, nach den vorherigen zahlreichen Spannungsmomenten und fiesen Verwicklungen etwas enttäuscht.
Insgesamt aber eine fesselnde Geschichte um eine durchtriebene Familie, die man am besten mit Humor nimmt.
Elyse Friedman - Die Durchtriebenen
aus dem Englischen von Peter Hammans
Droemer, Oktober 2024
Klappenbroschur, 303 Seiten, 16,99 €