Ein Gläubiger, dem mehrere Personen als Gesamtschuldner haften, sieht sich vom Gesetz in die komfortable Lage versetzt, dass er jeden dieser Gesamtschuldner nach freiem Belieben auf das Ganze oder einen Teil der Schuld in Anspruch nehmen kann, bis er mit seinem Anspruch befriedigt ist. Das Haftungsverhältnis der Gesamtschuldner untereinander braucht ihn nicht zu kümmern. Dieses Grundprinzip wird auf die Probe gestellt, wenn der Gläubiger einem Gesamtschuldner die Schuld ganz oder teilweise (meist im Rahmen eines Vergleichs) erlässt. Kann der Gläubiger die übrigen Schuldner gleichwohl auf den Rest in Anspruch nehmen, so dass der Erlass für ihn letztlich keine Einbuße darstellt? Können sich die übrigen Schuldner in diesem Fall an den begünstigten Schuldner halten, so dass dieser im Ergebnis die Vorteile des Erlasses wieder preisgibt? Oder muss der Gläubiger seine komfortable Stellung (zumindest teilweise) aufgeben und seine Forderung um den "gerechten Anteil" des begünstigten Schuldners kürzen? Florian Bentele geht diesen Fragen im Hinblick auf das deutsche und französische Zivilrecht nach und entwickelt unter Berücksichtigung der dogmatisch-historischen Struktur der Gesamtschuld und unter Einbeziehung der Principles of European Contract Law eine moderne Konzeption von Gesamtschuld und Erlass. Seine Untersuchung schließt mit einem konkreten Regelungsvorschlag.