In Freiheit, Wind und Mut erzählt Jessica Benjatschek über ihre Atlantiküberquerung auf dem Brigg Roald Amundsen. Alles fängt damit an, dass sie schon mal vier Wochen auf dem Traditionssegler war, um da für ihre Arbeit darüber zu schreiben, wie so einen Törn abläuft. Als sie dann mitbekommt, dass geplant wird, mit dem Schiff die Atlantik zu überqueren mit nur Frauen an Bord, ist sie sofort mit dabei. Im Buch erzählt sie nicht nur über den Alltag auf dem Schiff, die technischen Aspekte, aber auch über die persönliche Entwicklung, die sie und die anderen Frauen mitten auf dem Meer, weit weg von jeglicher Zivilisation durchmachen.
Während des Lesens war ich oft neidisch, nicht selbst dabei zu können. Man merkt schnell, dass sich auf dem Schiff nämlich eine wundervolle positive Dynamik entwickelt. Alle werden dazu aufgefordert sich selbst zu sein, ihre Stärken, aber vor allem auch ihre Schwächen nicht zu verstecken. Stattdessen sollen sie sie offen ansprechen, damit es nicht zu unterschwelligen Spannungen kommt. Es tut vielen gut, sich zu öffnen und man merkt, je weiter die Reise geht, desto mehr über bestimmte Angewohnheiten reflektiert wird und neue, gesündere Ansätze entwickelt werden.
Auch die Auszeit weit weg von hektischen Alltag tut vielen gut. Es gibt kein Haushalt, Arbeit oder Familie, an die man denken oder auf die man Rücksicht nehmen soll. Man hat nur das klar strukturierte Schiffsleben: die Wachen, die Freizeit dazwischen, in der man sich ausruhen kann, die Mahlzeiten oder die Backschaft. Es gibt immer viel zu tun, aber es wird gemeinsam gemacht und man weiß klar, wer für was verantwortlich ist. Für viele Seefrauen wirkte das sehr befreiend, weil sie auf diese Weise mal den Kopf komplett frei machen konnten. Mitten auf dem Meer gibts ja auch keine Internetverbindung. Man ist auf sich gestellt und kann einerseits mit seinen Geliebten zuhause nicht in Kontakt treten, andererseits wird man auch von der Arbeit in Ruhe gelassen. Dies führte dazu, dass man endlich mal komplett abschalten konnte. Dies hat mich schon ein wenig neidisch gemacht.
Während des Lesens erfährt man aber auch viel über die technischen Aspekte des Segelns. Um auf der Roald Amundsen mitfahren zu dürfen, braucht man keinerlei Vorkenntnisse. Deswegen wird auf dem Schiff die Zeit genommen, alles zu erklären, was wichtig ist. Für mich als Leser war es am Anfang nicht einfach mit all den Begriffen klarzukommen. Zum Glück gabs am Ende des Buches ein Glossar, wo ich immer alles nachschlagen konnte. Trotzdem konnte ich ohne Probleme die Geschichte folgen, weil auch im Text schon viel klar wird.
Freiheit, Wind und Mut ist meiner Meinung nach ein wundervolles, warmherziges Buch. Während des Lesens habe ich mich auf jede Seite wohl gefühlt. Die Hilfsbereitschaft und Wärme der Seefrauen, die Offenheit untereinander, aber auch zu sich selbst, die unvergesslichen Natureindrücke und das viele Segelwissen werden auf so eine angenehme Weise beschrieben, dass man das Buch einfach nicht aus der Hand legen kann. Absolut empfehlenswert, auch für Leser, die mit Segeln nichts am Hut haben, sich aber einfach eine wunderschöne, entspannte Auszeit gönnen wollen.