In diesem Buch erzählt Nina Schönwild aus ihrem Leben als Plussize-Frau. Von der Diskrimierung und frechen Sprüchen schon im Kindesalter, wie sie in eine Essstörung rutschte, sie berichtet von Vorurteilen und diskriminierenden Arztbesuchen. Dabei greift sie zum Großteil auf ihre eigenen Erfahrungen zurück, teilt aber auch Erzählungen aus ihrer Community und führt Interviews.
Ich habe in dem Buch viel Potenzial gesehen und habe großen Respekt davor, dass die Autorin so viele private Einblicke gegeben hat, Geschichten erzählt hat, die sehr intim und verletzend sind und ihre Gedanken dazu geteilt hat.
Es ist wirklich erschreckend, wie mit der Autorin bezüglich ihres Gewichts umgegangen wurde und welchen Vorurteilen sie begegnet ist. Den Umgang damit finde ich aber eher fragwürdig.
Ich kannte sie bisher von ihrem Instagram-Profil und aus Talkshows und habe sie dort als sehr besserwisserisch wahrgenommen. Sie ist sehr festgefahren in ihrer Meinung, lässt sich schwer von etwas anderem überzeugen, pauschalisiert gern und bezieht alles auf sich und ihr Gewicht, ohne zu hinterfragen. - Das ganze hat sich leider auch in ihrem Buch widergespiegelt.
Natürlich geht es in diesem Buch um sie als Person, allerdings war es mir oft zu engstirnig gedacht und alles war so konzipiert, dass es zu ihrer Meinung passte, Gegenargumente und die Wissenschaft wurden dabei leider meist ausgelassen. Außerdem pauschalisiert sie: was sie, oder wahlweise ihre Community erlebt hat, zählt direkt für alle. Sie bezieht alles direkt auf ihr Gewicht. Vieles mag darin liegen - keine Frage! - aber sie hinterfragt das Ganze nicht - während sie Gleichzeitig möchte, dass andere ihr Verhalten aber bitte hinterfragen.
Um ein Beispiel zu nennen: Im Sportunterricht sei sie früher oft als letzte in ein Team gewählt worden. Mir ist das früher auch regelmäßig passiert, obwohl ich dünn war. Sie ist sich direkt sicher: das muss an meinem Gewicht gelegen haben! Bei mir lag es bspw. damals daran dass ich keine Ausdauer hatte und schlecht in Ballsportarten war. Vielleicht war es bei ihr genauso?
Ein langes Kapitel handelt davon, wie bei Mehrgewichtigen Menschen quasi jeder Arztbesuch folgende Worte beinhaltet: das liegt an ihrem Gewicht. Sie schildert, dass oft gar keine Untersuchungen durchgeführt werden und alles pauschal mit dem Gewicht begründet ist, was natürlich falsch ist. Dazu gibt es ein Interview mit einem angehenden Arzt, der entsprechend etwas ändern möchte und sensibilisiert. Es ist wichtig, sich immer wieder klarzumachen: nicht jeder Mehrgewichtige Mensch ist automatisch krank und nicht jede normalgewichtige/ dünne Person automatisch gesund!
Dieses Thema wird aber zu sehr beschönigt: es ist einfach Fakt, dass Mehrgewicht viele Krankheiten begünstigt und Sport sowie gesunde Ernährung vieles vorbeugen können. Darauf wurde hier leider gar nicht eingegangen. Es hieß lediglich: ich kann auch als Mehrgewichte Frau sportlich sein. Fertig.
Wissenschaftliche Fakten gab es nicht, weil diese vermutlich die Position der Autorin widerlegt hätten. Ich möchte betonen, dass ich absolut dafür bin, dass jede*r sich unabhängig vom Gewicht in ihrem/seinem Körper wohlfühlt! Allerdings sehe ich es als sehr kritisch an, Mehrgewicht schön zu reden und gegen die Wissenschaft zu argumentieren.
Zusammenfassend ein Buch, welches dazu beiträgt, Vorurteile abzubauen und zu sensibilisieren, das aber viel zu beschönigend und unwissenschaftlich war.