Besprechung vom 23.06.2022
Im Licht der Lagune
Formentera hat es oft schwer. Flächenmäßig ähnlich groß wie Gelsenkirchen, mit nur elftausend Einwohnern und wenigen Baedeker-tauglichen Sehenswürdigkeiten. Ein Anhängsel seiner berühmten Schwestern Mallorca, Menorca und Ibiza und den meisten Reiseführern nur einige Seiten wert. Was Niklaus Schmid zu ändern weiß: "Formentera - Das Insellesebuch" nennt er den Band, der erfrischend andere Wege einschlägt. Natürlich spart der Autor nicht mit Hinweisen zu Klima, Wirtschaft und Hotels. Doch derlei Informationen sind nur der Auftakt für eine gemächliche Wanderung durch den Jahreslauf der Insulaner, die Schmid seit Längerem als einen der ihren akzeptieren. Vom März, wenn der Regen die Flora zum Explodieren bringt und die Kräuter im Ziegenkäse landen, geht es über den Juli, wenn die Tabakfelder blühen, und den Oktober, Hochzeit der Kaninchenjagd, bis hinein in den Dezember: Da ruft die "matanza", das Schlachtfest, bei dem alles lustvoll verspeist wird, was an Schweinen alles genießbar ist. Niklaus Schmid vermittelt Geschichte und Geschichten amüsant und mit der richtigen Mischung an Spannung, Drama und Augenzwinkern: zu erleben auch in seinen Krimis mit Schauplatz Balearen. Formentera aber gehört seine ganze Liebe: weil, wie sein Buch zeigt, die Insel offenbar nicht nur Reiseziel ist, sondern Weltanschauung. aber
"Formentera - Das Insellesebuch" von Niklaus Schmid. Reise Know-How Verlag, Rastede 2022. 336 Seiten, mit zahlreichen Fotos. Broschiert
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