Der rhetorische Siegeszug des Inklusions-Paradigmas im Verhältnis der Gesellschaft zu ihrem Gegenbild in Gestalt des "imperfekten Menschen", des Kranken, des "Irren", des Behinderten, der "Ballastexistenz", des Freaks oder des Fremden erscheint unaufhaltsam. Alles und Jedes, was historisch bisher verfolgt und ausgeschlossen wurde, weil es das Stigma der "Abweichung" von einer real-fiktiven Normvorstellung trug, soll, so das Versprechen von Politik und Recht, unter den Schutzschirm einer totalen Inklusion genommen werden. Bei genauerem Hinsehen kann allerdings nicht verborgen bleiben, wie ambivalent das Inklusionsparadigma ausgestaltet wird. Die folgenden Überlegungen gehen von der Ambivalenz des Inklusionsbegriffs aus und nehmen eine Historisierung des Aktuellen vor: diese Perspektive ermöglicht einen Zugang zu den vielfältigen Problemen, die jedem in Theorie und Praxis dieses Paradigmas begegnen. Die Texte dieses Bandes sollen für diesen Zugang erste Hinweise geben.Von Bedeutung erscheint dabei eine Rekapitulation der Dimensionen des Behinderungsbegriffs und ein Rekurs auf grundlegende Konzepte der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen wie das "Normalisierungsprinzip", sowie die Position der materialistischen Behindertenpädagogik, die die Diskussion und die Praxis der letzten Dekaden des vorigen Jahrhunderts maßgeblich bestimmt und aktuelle Entwicklungen grundgelegt haben. Das Problem der Umsetzung theoretischer Postulate wird mehreren Beiträgen als Problem der Perspektiven heilpädagogischer Praxis und der Frühförderung erörtert. Eine ergänzende Darstellung skizziert die aktuellen Debatten, die unter dem Titel "disability studies" geführt werden; sie mündet in eine (unvollständige) Sammlung von möglichen Begriffsbestimmungen; diesen Überlegungen schließen sich Stichworte an zum Problem von Inklusion und Schule.Die Texte bieten Material zum Einstieg und zum Weiterdenken für Studium und Praxis.