Bis heute hat die allgemeine Pädagogik Probleme der Behinderung
weitgehend ausgeklammert und der Sonderpädagogik überlassen. Und diese
hat Behinderung meist als Natureigenschaft oder Schicksal verdinglicht,
zum Gegenstand einer Sonderbehandlung erklärt, die diesem Problem am
ehesten angemessen sei. Auch die moderne Debatte um Integration oder
Inklusion hat diese Aufspaltung nicht restlos überwunden.
Tatsächlich aber ist Behinderung immer eine soziale Konstruktion, so
arbeitet Jantzen heraus. Denn die mit Behinderung einhergehende soziale
Isolation wirkt auf die psychische Entwicklung ebenso wie auf deren
biologische Voraussetzungen zurück.
Das Lehrbuch von Wolfgang Jantzen, mittlerweile ein Klassiker nicht nur
des Faches sondern der Humanwissenschaften insgesamt, bricht mit
derartigen Positionen. Es knüpft an die kulturhistorische Theorie bzw.
Tätigkeitstheorie von Vygotskij, Leont'ev und Lurija an und erarbeitet
Lösungen zu einer Reihe der dort gestellten Aufgaben. Unter Aufarbeitung
zahlreicher sozialwissenschaftlicher, psychologischer und
neurowissenschaftlicher Aspekte ebenso wie in einer Neubestimmung der
Grundlagen von Diagnostik, Pädagogik und Therapie entwickelt es eine
stringente humanwissenschaftliche Theorie und Praxis der
Behindertenpädagogik, die zugleich den Kern einer allgemeinen Pädagogik
bildet.
Teil 1: Sozialwissenschaftliche und psychologische Grundlagen. Tl. 2: Neurowissenschaftliche Grundlagen, Diagnostik, Pädagogik und Therapie
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