Kellers Leute von Seldwyla und Züricher Novellen - in ihrer Abfolge wird der zunehmende gesellschaftliche Pessimismus ihres Autors offenbar. Werden die Seldwyler, lauter fröhliche kleine Nichtsnutze vom Schlage des Grünen Heinrich, in der ersten Sammlung noch geschildert als eine Gesellschaft von Außenseitern, so ist in der zweiten Sammlung ihr kindlicher Charme zergangen zu einem Zerrbild nutzlosen Spekulantentums und das sie liebenswert machende Außenseitertum verschwunden: Seldwyla ist überall. In den Züricher Novellen, Geschichten von historischer Erneuerung in der Bewahrung - dem Volk der Gegenwart vorgehalten, damit es seine guten Möglichkeiten entfalten möge -, wird später die Rahmenhandlung selbst in Frage stellen, daß dieser Erziehungsauftrag je glücken könne. Mit Band 4 der neuen Keller-Ausgabe liegen endlich wieder ein zuverlässiger Text und erstmals eine zuverlässige Kommentierung jenes Werkes vor, das Friedrich Nietzsche zum kleinen »Schatz der deutschen Prosa« gezählt hat.
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