Erst seit 2017 dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland offiziell heiraten. Und auch wenn sich in den letzten Jahren viel getan hat, so gibt es immer noch viele Missverständnisse oder Vorurteile, denen sich Menschen aus der queeren Community ausgesetzt sehen. Literatur schafft es, uns andere Lebensrealitäten, Identitäten und Perspektiven aufzeigen. Sie finden hier Klassiker, die zur damaligen Zeit regelrechte Skandale losgetreten haben, sehr persönliche Memoiren oder sommerliche Liebesgeschichten. Denn queere Literatur ist wie die Community selbst: divers und bunt! Hier möchten wir Ihnen deshalb 10 unserer liebsten LGBT-Bücher - oder besser LGBTQIA+ Bücher - empfehlen.
1. Douglas Stuart: Young Mungo
(176Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Für die hypermaskuline Welt der Arbeiterviertel im Glasgow der 90er Jahre ist Mungo zu hübsch und zu sanft. Sein Bruder Hamish, gefürchteter Bandenführer, will ihn zum Mann machen und schleift ihn zu den brutalen Kämpfen zwischen Protestanten und Katholiken - nur wer hart genug ist, kann hier überleben. Dann trifft Mungo auf James und mit ihm kann er sein, wie er ist. Mit ihm lernt er ein Begehren kennen, das geächtet ist, das ihn mit Scham erfüllt, aber auch mit Glück, das er selbst vor seiner Schwester Jodie verleugnen muss, mit der er sonst alles teilt. Denn die Liebe, die zwischen den Jungen wächst, ist lebensgefährlich - und zugleich ihre Rettung.

Darum lieben wir dieses Buch: Dieses unfassbar gute queere Buch ist nichts für schwache Nerven. Zu brutal ist die Welt in der Mungo und seine Freunde aufwachsen. Und Douglas Stuart schreckt nicht davor zurück, seinen Leser:innen all die Abgründe vor Augen zu führen. Das macht "Young Mungo" aber auch zu einem unheimlich eindrücklichen Buch, das noch lange nachhallt. Eine große Empfehlung für alle, die Hanya Yanagiharas Roman "Ein wenig Leben" geliebt haben.
2. Patricia Highsmith: Salz und sein Preis
(11Bewertungen)15
Taschenbuch
Darum geht es: Im New York der 1950er Jahre begegnet die junge Therese der attraktiven Carol bei ihrer Arbeit in einem großen Kaufhaus. Therese ist sofort völlig fasziniert von Carol und beginnt, den Kontakt zu ihr zu suchen. Mit der Zeit kommen sich die beiden immer näher und fangen an, aus ihren gewohnten Leben auszubrechen. Doch kann es eine Chance für ihre Lieben geben?

Darum lieben wir dieses Buch: Als "Salz und sein Preis" in den 1950ern erschien, sorgte dieser Klassiker der LGBT-Romane für einen regelrechten Skandal. Inzwischen hat das Buch - nicht zuletzt dank seiner Verfilmung unter dem Titel "Carol" mit Cate Blanchett - einen regelrechten Kultstatus erreicht. Dank seiner Vorreiterrolle darin, homosexuelle Beziehungen positiv darzustellen, ist dieser Roman eines der wichtigsten queeren Bücher, die wir kennen.
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3. Édouard Louis: Anleitung ein anderer zu werden
(117Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Mit Mitte zwanzig hat er schon mehrere Leben hinter sich: Eine Kindheit in extremer Armut, die Scham über die eigene Herkunft, die Flucht vom Dorf in die Stadt, den Aufbruch nach Paris. Er macht sich frei von den Grenzen seiner Herkunft, nimmt einen neuen Namen an, liest und schreibt wie ein Besessener, probiert sich aus, will alle Leben leben. Mit unbändiger Energie erfindet er sich wieder und wieder, schließt Freundschaften und hinterfragt doch die radikale Selbstveränderung, die sich nie ganz vollendet. Édouard Louis hat ein großes Buch geschrieben darüber, was man zurücklässt, wenn man bei sich selbst ankommt.

Darum lieben wir dieses Buch: Édouard Louis' autobiografische Romane haben uns alle sehr begeistert. In "Anleitung ein anderer zu werden" beschreibt er seine vielleicht prägendsten Jahre. Vom Ausbruch aus den kleinbürgerlichen Dorf seiner Kindheit zum schillernden Leben in der Großstadt. Und egal wie sehr sich unsere Lebensrealitäten vielleicht von der des Autors unterscheiden mögen, Édouard Louis schafft es, uns allen mit diesem queeren Roman den Mut zu machen, herauszufinden, wer wir wirklich sein wollen.
4. Constance Debré: Love Me Tender
(9Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Eine steile Karriere, angesehene Familie, Ehemann und Kind - Constance Debré hat all das und wendet sich davon ab. Sie entschließt sich zu einem Leben, das schon viele Männer vor ihr gewählt haben: Sie lässt sich scheiden, widmet sich dem Schreiben und geht mit immer anderen Frauen ins Bett. Doch den Kontakt zu ihrem Kind will sie nicht abbrechen - das erwirkt ihr Ex-Mann, nachdem er von ihrer Homosexualität erfahren hat. In einem langwierigen Sorgerechtsstreit kämpft sie um ihren Sohn, der sich immer weiter von ihr entfernt.

Darum lieben wir dieses Buch: "Love Me Tender" ist bedrückend und befreiend zugleich. Denn die schonungslose Ehrlichkeit der Autorin verstört einerseits, andererseits fasziniert sie mit ihrem Mut, Dinge auszusprechen, die eigentlich unaussprechbar sind. In diesem queeren Buch bricht sie mit Tabus und ihrem bürgerlichen Dasein. In Frankreich ist sie mittlerweile zur Stilikone geworden. Und auch wir finden: die neue Constance steht ihr richtig gut.
5. James Baldwin: Giovannis Zimmer
(112Bewertungen)15
Taschenbuch
Darum geht es: Im Paris der 50er-Jahre lernt David, amerikanischer Expat, in einer Bar den reizend überheblichen, löwenhaften Giovanni kennen. Die beiden beginnen eine Affäre - und Verlangen und auch Scham brechen in David los wie ein Sturm. Dann kehrt plötzlich seine Verlobte zurück und David bringt nicht den Mut auf, sich zu outen. Im Glauben, sich selbst retten zu können, stürzt er Giovanni in ein Unglück, das tödlich endet.

Darum lieben wir dieses Buch: Mit "Giovannis Zimmer" brach James Baldwin in den 1950ern gleich zwei Tabus: nicht nur schrieb er als Schwarzer Autor über weiße Männer, sondern auch noch, über ihre Liebe und Abhängigkeit voneinander. Dieses Meisterwerk der queeren Romane tut beim Lesen manchmal weh und trotzdem kennen wir kaum ein Buch, in dem wir so oft Sätze unterstrichen haben, wie in diesem. Baldwin war ein literarisches Ausnahmetalent und "Giovannis Zimmer" ist eines dieser Bücher, die jede:r einmal gelesen haben sollte.
6. Glennon Doyle: Ungezähmt
(169Bewertungen)15
Taschenbuch
Darum geht es: Seit ihrem zehnten Lebensjahr strebt Glennon Doyle danach, gut zu sein: eine gute Tochter, eine gute Freundin, eine gute Ehefrau - so wie die meisten Frauen schon als Mädchen lernen, sich anzupassen. Doch statt sie glücklich zu machen, hinterlässt dieses Streben zunehmend ein Gefühl von Müdigkeit, Über- und Unterforderung. Glennon - erfolgreiche Bestsellerautorin, verheiratet, Mutter von drei Kindern - droht, sich selbst zu verlieren. Bis sie sich eines Tages Hals über Kopf in eine Frau verliebt - und endlich beschließt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Darum lieben wir dieses Buch: "Ungezähmt" ist ein absolut empowerndes Buch, das Mut macht, für sich selbst einzustehen. Es ist für alle, die keine Lust mehr darauf haben, auf die Meinung anderer etwas zu geben und die den Fokus darauf richten möchten, was sie wollen. Ein Plädoyer für weibliche Selbstbestimmung und Selbstliebe. Ein Must Read für alle, die nach guten LGBT-Büchern suchen.
7. Stephan Lohse: Das Summen unter der Haut
(77Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Hamburg, 1977. Julle ist vierzehn Jahre alt. Kurz vor den Sommerferien bekommt er einen neuen Mitschüler, Axel. Sofort ist Julle verliebt. Dass er schwul ist, weiß keiner. Bis auf seine Schwester und seine Mutter vielleicht, Mütter sollen so etwas ahnen. Julle zählt die Stunden, die er Axel kennt, und freundet sich mit ihm an. Zusammen gehen sie ins Freibad, füttern Axels Kaninchen und entdecken eine versteckte, halb abgebrannte Hütte im Wald. Als sie deren Geheimnis beinahe gelüftet haben, ist Axel plötzlich verschwunden - und Julle ahnt, dass nach diesem Sommer nichts mehr so sein wird wie davor.

Darum lieben wir dieses Buch: "Das Summen der Haut" weckt Nostalgie pur! Dieser emotionsgeladene queere Liebesroman hat uns sofort in die Sommer unserer Kindheit zurückversetzt. Stephan Lohse schafft die perfekte Balance zwischen sommerlicher Leichtigkeit und schicksalhaften Geheimnissen. Wer "Die Mitte der Welt" von Andreas Steinhöfel geliebt hat, der sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen.
8. Kim de l'Horizon: Blutbuch
(105Bewertungen)15
Taschenbuch
Darum geht es: Die Erzählfigur in "Blutbuch" identifiziert sich weder als Mann noch als Frau. Aufgewachsen in einem Schweizer Vorort, lebt sie nun in Zürich, ist den engen Strukturen der Herkunft entkommen und fühlt sich im nichtbinären Körper und in der eigenen Sexualität wohl. Doch dann erkrankt die Großmutter an Demenz, und das Ich beginnt, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen: Warum sind da nur bruchstückhafte Erinnerungen an die eigene Kindheit? Wieso vermag sich die Großmutter kaum von ihrer früh verstorbenen Schwester abzugrenzen? Und was geschah mit der Großtante, die als junge Frau verschwand?

Darum lieben wir dieses Buch: Wer Lust auf ein literarisch anspruchsvolleres Buch hat, sollte "Blutbuch" unbedingt lesen. Mit poetischer und symbolischer Sprache stellt Kim de l'Horizon darin die Frage nach Identität, Geschlechtern, Traumata und Klassenzugehörigkeit. 2022 wurde der Roman mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet und wir können nur sagen: absolut verdient! Aber: Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Lektüre, denn aufgrund der Komplexität und der vielen Metaphern lohnt es sich, das Buch ab und zu mal zur Seite zu legen und darüber nachzudenken.
9. Tomasz Jedrowski: Im Wasser sind wir schwerelos
(102Bewertungen)15
Taschenbuch
Darum geht es: Ludwik ist verliebt. Es ist der Sommer nach dem Examen, ein Sommer, in dem alles anders wird. Denn Ludwik ist verliebt in Janusz, eine Unmöglichkeit in Polen im Jahr 1980. Zu zweit verbringen sie magische Tage an einem verborgenen See im Wald. Hier können sie sich einander offenbaren, hier erleben sie die große Liebe. Doch irgendwann ist der Sommer zu Ende, sie müssen zurück in die Stadt. Die Welt befindet sich im Umbruch, Ludwik träumt von der Flucht in den Westen, Janusz wählt eine Karriere innerhalb des Systems. Ludwik muss sich entscheiden: für ein Leben voller Heimlichkeiten - oder den Mut, er selbst zu sein.

Darum lieben wir dieses Buch:"Im Wasser sind wir schwerelos" verzaubert seine Leser:innen mit einer großartigen Mischung aus der Schwere der politischen und gesellschaftlichen Situation der damaligen Zeit und der Leichtigkeit eines Sommers am See mit der ersten großen Liebe. Ein absolut empfehlenswerter queerer Liebesroman mit Niveau.
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10. Kristin Höller: Leute von früher
(140Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Marlene hat gerade ihr Studium beendet und fängt als Verkäuferin in einem Erlebnisdorf an, in dem alles so ist wie um 1900 - Brauchtum, Handwerk, Kleidung. Bald lernt Marlene Janne kennen, die hier aufgewachsen ist, und fühlt sich ungewohnt stark zu ihr hingezogen. Doch nicht nur die Gefühle für sie, auch die Insel selbst scheint Marlenes Wahrnehmung zu verändern. Im Watt erinnern die Überreste der versunkenen Stadt Rungholt ständig daran, welches Unheil durch den steigenden Meeresspiegel droht. Je näher sie und Janne sich kommen, desto deutlicher spürt Marlene, dass Janne ein Geheimnis hat, das weit in die Vergangenheit der Insel reicht. Und sie ist nicht die Einzige. Immer öfter beobachtet Marlene merkwürdige Vorfälle, bis sie schließlich einen Zusammenhang erahnt.

Darum lieben wir dieses Buch: Dieser Roman hat uns atemlos zurückgelassen. Was als atmosphärische Aussteigererzählung und zarte queere Liebesgeschichte beginnt, wandelt sich im Lauf des Buches in eine derart spannende Geschichte, dass wir am Ende nur so durch die Seiten geflogen sind, um herauszufinden, was das Schicksal mit Marlene und Janne vorhat. Gewürzt ist der Roman mit einer kleinen Brise magischem Realismus. Ein wirkliches Lesehighlight.