Das Leben annehmen
Taschenbuch
Adriana Altaras erzählt von ihrer am Ende des Buches 101-jährigen Tante Jele und damit gleichzeitig von sich, von europäischer Geschichte und vom Jüdischsein, aber auch davon, wie man lernt, das Leben, wie es ist, anzunehmen. Die Geschichte von "Teta" Jele ist eine Liebeserklärung an die charakterstarke Verwandte und gleichzeitig auch die exemplarische Lebensgeschichte einer Frau, die ein ganzes Jahrhundert europäischer Geschichte mit- und überlebt hat. Dabei erzählt Adriana Altaras auch von sich selber und off enbart sich als
starke, gewinnende und charismatische Frau. Die Mischung aus individuellem Schicksal und großer Historie, geschrieben in einem witzigen, liebevollen Tempo, hat mir sehr gefallen.
Mitreißendes Porträt
Taschenbuch
Dana Vowinckel ist für mich eine Entdeckung: Sie ist eine bemerkenswerte neue, junge Stimme im Literaturbetrieb, ihr Stil frisch und klug und authentisch. Zu Recht hat sie kürzlich den Preis "Text und
Sprache" des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft erhalten. In "Gewässer im Ziplock" erzählt sie ohne jede Sentimentalität die Geschichte einer jüdischen Familie im Deutschland, in den USA und im Israel der Gegenwart. Ihre 15-jährige Protagonistin Margarita arbeitet
sich ab im Dreieck zwischen ihrem israelischen Vater, einem Kantor in einer Synagoge in Berlin, ihren Großeltern in den USA und ihrer amerikanischen Mutter in Israel, die die Familie früh verlassen hat.
Dabei blicken wir tief in die Seele eines empfindsamen und klugen Teenagers und in das Minenfeld der Liebe einer Familie. Und ganz nebenbei und vielleicht auch gar nicht nebenbei erleben wir, was es bedeutet, in Deutschland jung und jüdisch zu sein. Ein kluger, toller
Roman, ernsthaft, rasant und ein großes Leseerlebnis.
Buch (gebunden)
"Demon Copperhead" von Barbara Kingsolver ist ein kraftvolles und berührendes Werk, das die Leser:innen auf eine emotionale Reise durch das Leben eines jungen Waisenjungen, des titelgebenden Demon Copperhead, in den Appalachen mitnimmt. Inspiriert von Charles Dickens' "David Copperfield" gelingt es Kingsolver, die zeitlosen Themen von Verlust, Identität und Überleben in einen modernen Kontext zu übertragen. Besonders gefällt mir an dem Buch die Vielschichtigkeit des Protagonisten, die Möglichkeit, ihn als
Leser:in auf seinem Weg ins Leben, detailreich und psychologisch
feinfühlig beschrieben, zu begleiten und gleichzeitig einen Bezug herstellen zu können zu sozialen Themen wie Armut und Klassismus, Drogen und Missbrauch, kurz, den dunklen Seiten der Gesellschaft. Dabei bleibt die Erzählung stets unterhaltsam auf hohem Niveau. Kingsolvers Schreibstil ist flüssig und fesselnd, ich bin als Leserin tief in die Geschichte eingetaucht und es fiel mir leicht, mich mit der Hauptfigur zu identifizieren.