Taylor Swift gehört zweifelsohne zu den Personen, die man überhaupt nicht mehr vorstellen muss, weil sie wirklich jeder kennt. Immerhin gehört sie zu den erfolgreichsten Künstlerinnen der Popgeschichte. Dementsprechend groß war die Aufmerksamkeit, als ihr neues, siebtes Studioalbum Lover auf den Markt kam. Und da sie das Marketing perfekt beherrscht, machte ich mir im Vorfeld doch Sorgen, ob es nicht etwas übertrieben wird und die Qualität des Albums wirklich die der Vorgänger erreichen kann.
Das Album ist mit 18 Titeln zweifelsohne sehr lang und bietet eine große Bandbreite an Songs, die dafür sorgen, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist. So werden sowohl die Liebhaber der Country-Zeit Swifts mit Soon youll get better , als auch die romantischen Swifties mit The Archer oder die elektropoppigen Fans mit Me begeistert. Leider führt das aber auch dazu, dass eine klare Linie im Album nur bedingt zu erkennen ist. Es gibt ein paar Titel wie I think he knows , die durch eine gewisse Beliebigkeit auffallen. Dieser Titel ist musikalisch recht elektronisch, bleibt dabei aber ziemlich monoton und bietet nur wenig Überraschendes. Da auch der Text keine tiefere Message parat hält, gehört er zu den Schwächsten des Albums.
Dieser Nachteil mag aber dadurch entstehen, dass es eben so viele Titel sind, so dass auch wirklich die gesamte Bandbreite bedient werden kann, um auf dem Streaming-Markt bestehen zu können. Doch es gibt auch genug Perlen, die sich unbedingt zu hören lohnen. Um ein paar Beispiele zu nennen:
The man: Recht schneller, von Synthesizern dominierter Popsong, der einen sehr eingängigen Refrain besitzt. Zudem ist die Botschaft des Songs Männer haben es leichter gut zum Ausdruck gebracht. Zeilen wie Im so sick of running / As fast as I can / Wondering if Id get there quicker / If I was a man (you know that) sorgen für Zustimmung, bringen aber vor allem auch die Gefühle vieler Frauen gut zum Ausdruck, denn mit Sicherheit würde sie in den Medien anders wahrgenommen und beurteilt, wenn sie ein Mann wäre.
I forgot that you existed: Ein Song, der die Ereignisse thematisiert, die die Entstehung des Albums Reputation betreffen. Der Song zeigt die Kunst Swifts, Persönlichkeit zu zeigen und dies mit einer eingängigen und gut hörbaren Melodie zu verbinden. Klavier und schnipsende Finger sorgen dafür, dass es musikalisch recht reduziert bleibt, so dass aber Swifts unverwechselbare Stimme in dieser Gute-Laune-Nummer deutlicher zum Ausdruck kommt.
Paper rings: Ebenfalls eine gute-Laune-Nummer, die die Bereitschaft, sich auf eine Beziehung einzulassen, thematisiert. Recht emotional macht der Song deutlich, was im Leben wirklich zählt.
Miss Americana & the Heartbreak Prince: Ein Song, der irgendwie düsterer, aber trotzdem oder gerade deswegen bewegend ist. Musikalisch auf den Punkt gebracht offenbart sie ihre Enttäuschung über die Entwicklung der Politik Amerikas und schafft es dabei klare Worte zu finden, die sich nicht exklusiv auf einen Präsidenten beziehen, sondern das Gesamte im Blick haben. American glory / Faded before me / Now Im feeling hopeless / Ripped up my prom dress . Dabei behält sie auch hier ihre persönliche Sichtweise bei, was den Song so stark macht.
You need to calm down: Einer der besten Songs des Albums, da er nicht nur musikalisch einfach nur klasse ist, sondern mit seiner Botschaft - Toleranz und Einsatz für Minderheiten - direkt ins Herz trifft. Hier zeigt sich, wann Swift am Besten ist: Sie besingt etwas, was ihr am Herzen liegt, ohne es beschwerlich oder anstrengend klingen zu lassen. So ein Song gibt Kraft, sich weiter für die richtige Sache einzusetzen.
Ich habe jetzt bewusst einige Songs ausgelassen, die als Singles vermarkten worden sind, weil man sich dort bewusst richtig starke Titel des Albums ausgesucht hat. Ich möchte aber nicht, dass der Rest einfach übersehen wird. Denn auch wenn das Album nicht ihr stärkstes ist, so ist es immer noch ein richtig tolles Pop-Album, das zeigt, welch großartige Künstlerin Swift ist. Unbedingt reinhören!