Nachleben (übersetzt von Eva Bonné) ist ein historischer Roman, der im Kontext der Kolonialzeit in Deutsch-, später dann Britisch-Ostafrika spielt. Wir begegnen zunächst Khalifa, einem jungen Mann indisch-afrikanischer Abstammung, der sich bei einem Kaufmann in einer Küstenstadt verdingt. Khalifa freundet sich mit Ilyas an, der in einer deutschen Fabrik in der Stadt arbeitet und auch dessen Schwester Afiya erlangt das Wohlwollen von Khalifa und seiner Frau. Doch Ilyas Vergangenheit und die Auswirkungen des 1. Weltkriegs verhindern ein glückliches Zusammenleben. Denn Ilyas wurde als Kind entführt von der Schutztruppe (der deutschen Kolonialarmee) und dort gut behandelt. Seine Bildung, seine Anstellung verdankt er den Deutschen. Und so meldet er sich freiwillig als Askari (Söldner) bei der für ihre Brutalität berüchtigten Schutztruppe, um auf afrikanischem Boden gegen die Briten zu kämpfen. Auch Hamza lässt sich rekrutieren, allerdings nicht aus Überzeugung, sondern um seinem bisherigen Leben zu entfliehen. Für eine Weile folgt die Geschichte Hamza durch den Krieg. Er wird zum Offiziersburschen ernannt, denn dem Oberleutnant gefällt sein Aussehen. So kommt Hamza ums Kämpfen herum, lernt sogar Deutsch. Am Ende wird er doch verwundet und in einer Mission von einer deutschen Pastorenfamilie gesund gepflegt. Der Roman erzeugt immer wieder diese Ambivalenz zwischen der Brutalität, dem Krieg und Terror und der Ausbeutung durch die Kolonialmacht und der Güte einzelner Personen, dem Bau von Krankenhäusern und Schulen. Letztlich ist das aber nur die Leinwand, auf der der Autor seine Figuren arrangiert. Das Kriegsgeschehen ist sehr distanziert und emotionslos, fast schon lehrbuchhaft beschrieben und für mich der schwächste Abschnitt des Buches. Seine Stärken entfaltet der Roman in der Schilderung des Alltags, ist dort trotzt des ernsten Hintergrunds auch humorvoll, hier werden die zuvor blassen Charaktere mit Leben gefüllt. Von Ilyas erfahren wir lange nichts mehr, er bleibt verschollen, trotzt Afiyas Bemühungen etwas über ihn herauszufinden. Aufgelöst wird seine Geschichte dann in einer Art, die mir beim Lesen etwas zu gezwungen konstruiert und nicht so ganz zum Rest passend erschien. Im Nachgang habe ich aber gelesen, dass dieser Part auf einer wahren Begebenheit beruht, die isoliert betrachtet auf jeden Fall sehr interessant ist. Unterm Strich bietet der Roman einen spannenden Einblick in die deutsche Kolonialgeschichte aus einer afrikanischen Perspektive, Sprache und Schreibstil sind aber unspektakulär.