"Feuer in der Hafenstadt" von Anja Marschall ist der erste Fall, in dem Hauke Sötje ermittelt. Erstmals erschienen ist der Roman im Jahre 2012 beim Dryas Verlag. Die Neuauflage unter neuem Titel erschien 2021 bei emons. Glückstadt, 1894: Als Hauke Sötje in der Stadt ankommt, hat er eigentlich nur eines im Sinn: das Grab seiner Familie aufsuchen und dann selber den Weg in den Tod gehen. Etwas anderes bleibt ihm auch nicht über, nachdem er als Kapitän als Einziger den Untergang seines Schiffes überlebt hat. Doch dann wird er in die undurchsichtigen Ereignisse rund um die neue Heringsfischerei hineingezogen. Er wird beauftragt herauszufinden, wer das Vorhaben, das Glückstadt zu einer angesehenen Stadt machen soll, sabotieren möchte. Hierbei kommt ihm die Fabrikantentochter Sophie Struwe zur Hilfe, dessen Familie selber in den Strudel dieser Verschwörung gerät. Nachdem ich in den vergangenen Monaten des öfteren die Mörderischen Schwestern besucht habe und dabei auch Anja Marschall live erleben durfte, wurde es endlich mal Zeit, dass ich ein Buch von ihr lese. Mit dem Anfang dieses Krimis habe ich mich ein wenig schwer getan. Die Ereignisse waren zwar interessant, aber es war mir irgendwie zu viel, was ich einfach als gegeben hinnehmen musste. Hauke Sötje war auf diesen ersten Seiten ein aussichtsloser Fall und die Fabrikantenfamilie war mir ein wenig zu viel Klischee. Erst als der Fall so richtig in Schwung kommt und Hauke Sötje als Sonderermittler in Erscheinung tritt, wurde das Buch für mich spannender. Nun gab es eine Obduktion, es wurde bewusst Spuren nachgegangen und es war nicht mehr so extrem viel Zufall dabei wie am Anfang. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich die Szenen auch mehr genießen und den unterschwelligen Humor erkennen, der so manches Mal mit reinspielt. Sehr gut gefallen haben mir die echten Auszüge aus der "Glückstädter Fortuna". Diese haben einen wunderbaren Einblick in Ereignisse jener Zeit und in die Gesellschaft gewährt. Dabei passte der Inhalt zu den Ereignissen im darauffolgenden Kapitel. Ich mochte das enthaltene Plattdeutsch und die manchmal sehr norddeutschen Gespräche sehr. Ein einfaches "Jo" als Antwort tut es eben manchmal auch. Bei den Personen bin ich mir etwas unschlüssig. Ich bin Hauke Sötje gerne gefolgt, allerdings fehlt mir noch ein bisschen was. Seine Handlungsweisen konnte ich nicht immer nachvollziehen und das mit dem Ermittlungsprofi ab der zweiten Hälfte ist mir noch etwas schleierhaft. Ich hoffe einfach, dass dieser in den weiteren Bänden noch an Kontur gewinnt. Auch Graf von Lahn wirkte etwas undurchsichtig, aber ich vermute, wir haben ihn nicht das letzte Mal gesehen. Sophie Struwe wollte als starke Frau auftreten. Dies ist ihr allerdings nur teilweise gelungen. Ein schwerer Schicksalsschlag bringt sie erst dazu so langsam umzudenken. Davor ist sie manches Mal doch fast ein wenig naiv an die Dinge rangegangen. Als Zusatzmaterial gibt es ein Nachwort das Fiktion und Wahrheit trennt, ein Personenverzeichnis, ein Glossar und eine Danksagung. Sehr schön fand ich, dass das Glossar so ins ebook eingebaut ist, dass ich direkt zu den Erklärungen springen konnte. Es wurde eine fiktive Geschichte in den historischen Kontext eingebettet und ich fand es hier tatsächlich interessant gemacht, wie die historischen Personen eingebracht werden. Fazit: Es war ein etwas holpriger Start für mich in die Hauke-Sötje Reihe. Nichtsdestotrotz hat es sich gelohnt hier dranzubleiben und ich wurde mit einer spannenden zweiten Hälfte belohnt. Wenn ihr historische Krimis und den norddeutschen Flair mögt, probiert die Reihe gerne aus.