Während des Zweiten Weltkriegs sind beim Untergang eines Hurtigrutenschiffes viele Menschen ums Leben gekommen, darunter der Reeder Thor "Store" Falck. Seine Frau Vera und ihr kleiner Sohn Olav überleben das Unglück. Fünfundsiebzig Jahre später verschwindet Vera beim Schwimmen im Meer - und mit ihr das Testament, das sie kurz vor ihrem Tod abgeholt hat. Ihre Enkelin Sasha, die seit einiger Zeit mit ihrem Vater auf Kriegsfuß steht, beschließt, die Wahrheit über das Verschwinden ihrer Großmutter und die geheimnisvollen Memoiren von Vera herauszufinden...Aslak Nore entführt in "Meeresfriedhof" in eine komplexe Geschichte voller Geheimnisse und familiärer Konflikte. Die Erzählung wechselt zwischen verschiedenen Zeitebenen und Perspektiven, was anfangs verwirrend sein kann, aber letztendlich dazu beiträgt, ein umfassendes Bild der Falck-Familie und ihrer Geschichte zu zeichnen. Vergangenheit und Gegenwart werden gelungen verknüpft, was durch die Suche nach dem Testament und den Memoiren von Vera noch verstärkt wird. Die Handlung entfaltet sich in mehreren Strängen: Olav Falck leitet einen milliardenschweren Konzern und zögert, die Verantwortung an seinen Sohn Sverre zu übergeben. Sasha hingegen arbeitet an einem Projekt der SAGA-Stiftung zur Erforschung des Widerstands innerhalb der deutschen Wehrmacht in Norwegen. Die Dynamik zwischen den Familienmitgliedern ist angespannt, jeder verfolgt seine eigenen Interessen. Dadurch entsteht aber auch ein Großteil der Spannung, da das Pendel mal zur einen, mal zur anderen Seite auszuschlagen scheint.Die Charaktere sind vielschichtig und gut ausgearbeitet. Besonders hervorzuheben sind Olav, Sasha sowie Johnny Berg - ein Soldat im Nahen Osten, der als Außenstehender in die Familiengeschichte eintaucht. Dem Autor gelingt es, jedem Charakter Ecken und Kanten zu verleihen, was sie realistisch macht. Die Spannungen innerhalb der Familie werden immer deutlicher: Während einige Mitglieder versuchen, ihre Machtposition zu sichern oder auszubauen, kämpfen andere um Gerechtigkeit oder um ihre eigene Identität. Aslak Nores Schreibstil ist dabei flüssig und fesselnd. Er schafft es mühelos, historische Elemente mit zeitgenössischen Themen zu verweben. Die Rückblenden sind geschickt integriert und tragen zur Entwicklung der Handlung bei. Obwohl einige Passagen etwas langatmig wirken können, bleibt das Interesse des Lesers durchgehend erhalten. Die bildhaften Beschreibungen Norwegens - von den Fjorden bis hin zur rauen Küstenlandschaft - verstärken das Gefühl für Ort und Atmosphäre."Meeresfriedhof" ist ein literarischer Thriller mit starken Elementen einer Familiensaga und historischen Bezügen. Trotz einiger Längen bietet das Buch spannende Wendungen und überraschende Enthüllungen über die Falck-Familie sowie deren Verstrickungen in historische Ereignisse. Es ist eine fesselnde Lektüre für Fans skandinavischer Krimis sowie für Lesende mit Interesse an komplexen Familiengeschichten. Der Roman lässt Raum für Spekulationen über zukünftige Entwicklungen in den Fortsetzungen - ich bin gespannt darauf zu erfahren, wie sich die Geschichte weiter entfaltet!