Nur, wenn das so ist, was kommt nun? Dieser Frage geht der Autor im Folgenden nach und meint, wir müssten uns an eine dauerhafte Unordnung gewöhnen. Das wäre realistisch. Übersetzt heißt das doch: Die Vorherrschaft des Westens, welche als Masala als "Ordnung" bezeichnet, ist für ihn zu Ende und danach bricht dauerhaftes Chaos aus. Aus einer solchen Behauptung spricht die zur Norm gewordene westliche Überheblichkeit, der egomanische Glaube an die eigene Unfehlbarkeit und Rechtschaffenheit, die die Welt erst in diesen Zustand gebracht haben.Der Westen zeigt jedoch in letzter Zeit deutliche Schwächen. Er konnte sich nicht gegen die Sandalenkrieger in Afghanistan behaupten. Und tatsächlich gingen auch fast alle Kriege seit Vietnam verloren, mal deutlich, mal weniger deutlich. Und nun haben sich die USA und das folgsame "Europa" in ihrer selbstherrlichen Arroganz mit dem Falschen angelegt. Der Stellvertreterkrieg in der Ukraine wird nicht gewonnen werden, was von Anfang an klar war, wenn man die Sache realistisch betrachtet hätte. Und am Ende wird der Westen blank und blamiert dastehen. Nach Syrien, Libyen und dem Irak wird damit allerdings erneut ein Land von ihm in den Ruin getrieben worden sein. Tatsächlich sehen wir damit eine Zeitenwende, aber nicht eine, die uns gefallen wird.Wie man Masalas Buch bewerten soll, weiß ich nicht, denn einerseits ist er gefangen in den üblichen westlichen Erzählungen, andererseits kann man sein Bemühen, die westliche Verlogenheit zu benennen, nicht ignorieren. Dabei gerät er bei aller Ernsthaftigkeit gelegentlich an den Rand der ungewollten Komik, weil er selbst nicht merkt, dass auch er doppelte Standards benutzt. Oder die Realität ignoriert.Besonders interessant wird das, wenn er sich mit der angeblichen militärischen Überlegenheit der USA befasst, den Mythos ihrer Wunderwaffen pflegt oder die überlegene Kampfkraft der US-Truppen preist. Doch wo ist dafür der Beweis? Liegt er in den nicht gewonnenen Kriegen der USA gegen deutlich unterlegene Armeen oder Truppen? Oder in der von der NATO organisierten, aber unter hohen Verlusten gescheiterten ukrainischen Gegenoffensive? Masala behauptet auch, Nordkorea hätte in einem konventionellen Krieg gegen US-Truppen keine Chance. Woher nimmt er diese Überzeugung? Schließlich haben es die US-Truppen schon einmal nicht geschafft.Immerhin aber versucht der Autor sich gelegentlich in einer halbwegs symmetrischen Betrachtungsweise. Aber letztlich misslingt auch sie, weil er leider von derselben Überheblichkeit befallen ist wie der Westen oder seine Führung.Am Anfang seines Textes macht Masala mehr oder weniger deutlich, dass die ganze westliche Phraseologie von Demokratie, Menschenrechten, Normen oder was auch immer nicht überzeugt, weil man all dies nur dann selbst beachtet, wenn es zum Erhalt oder der Ausdehnung der eigenen Macht nutzt.In Masalas These von der kommenden Unordnung liegt ein Denkfehler, denn er geht offenbar davon aus, dass Mächte wie China, Indien oder auch Russland sich ebenso verhalten werden wie der Westen oder die USA. Das ist aber nicht klar, sondern eine Vermutung, die entsteht, wenn man meint, dass der Westen einfach überall die Norm ist.Das Buch lohnt vor allem des Anfangs wegen, wo Masala gelegentlich realistisch und ehrlich ist. Daher meine positive Bewertung. Später wird es zunehmend zu detailliert, zu bezogen auf Einzelereignisse, die gerade von den Medien aufgeblasen wurden, zu geschwätzig und zu wenig wirklich objektiv.Das letzte Kapitel widmet sich dem Ukrainekrieg. Hier sieht man Masalas Grenzen deutlich. Er folgt den Erzählungen, die einem immer wieder vorgetragen werden. Hier neigt auch er zu Dämonisierungen, die er weiter vorne als Vorbereitung des Westens für Kriege gegen diese Dämonen entlarvt hat. Was hätten wohl die USA gemacht, wären auf Kuba wieder russische Raketen aufgetaucht, die den USA praktisch keine Vorwarnzeit mehr lassen würden. Oder wenn die Russen Mexiko gegen sie aufrüsten würden? Nur eine solche symmetrische Betrachtungsweise führt zum Kern dieses Konflikts. Aber das würde über die Grenzen gehen, denen der Autor offenbar unterworfen ist.