Der Ich-Erzähler steht vor einem Dilemma: seinen Job als Müsliwerbetexter ist er los, seine Freundin hat ihn samt seiner Kreditkarte verlassen. Er fühlt sich gerade psychisch und physisch am Ende. Wären da nicht die beiden Nachbarn Belle und Bill, die in ihm den genialen Schreiber für Franks Buchprojekt sehen."Belle meint, Sie seien genau der Mann, den wir dazu brauchen", sagt er. "Jemand, der populär denken kann. Der sich mit PR auskennt. Der weiß, wie ein Text gestaltet sein muss, damit er wirkungsvoll ist." So kommt er auf die Idee, zuerst aus Langeweile, dann aber mit System, sich die KI zunutze zu machen und eine wahre Geschichte um eine junge afghanische Frau mit dem schönen Namen Shabnam zu erfinden. Wie der Zauberlehrling bedient er sich der neuen Technologie und stellt seine durchaus passable Fähigkeit Texte so zu formulieren, dass sie klingen, als kämen sie aus Shabnams Feder, zur Schau. Es entsteht ein Zerrbild, das durch immer neue Filter gejagt, so aussieht, wie jemand gedacht hat, dass es aussehen müsste. Fake News. Fake Feelings.Das Buch wird, es ist wenig erstaunlich, ein Erfolg und Frank, Herausgeber und Geldgeber, möchte nun endlich die Protagonistin kennenlernen.Schabnam wird zum Problem. Die Frage stellt sich von allein: wie will er jetzt aus der Nummer wieder rauskommen?Meine persönlichen Leseeindrücke Charles Lewinsky verpackt in "Täuschend echt" eine an sich abstruse Geschichte in ein literarisch gut gestricktes Kleid, in der er auf einige Aspekte der künstlichen Intelligenz in unserer Gesellschaft aufmerksam macht. Große Literatur bietet der Roman nicht, dennoch er ist sehr unterhaltsam in seiner grotesken Darstellung der Literaturwelt. Er bietet auch keine Vertiefung des Themas KI, sondern ist für mich eine Persiflage auf den Literaturbetrieb und allgemein den irren Auswüchsen der digitalen Welt, in der wir immer mehr versinken und die uns immer mehr dazu bewegt, unser Hirn weniger anzustrengen.Aber was jeden Tag milliardenfach über diese Netzwerke ausgekotzt wird, ist nicht die Gegenwart. Schon gar nicht die Wirklichkeit.Seine bewusst überzeichneten Romanfiguren finde ich witzig. So ist die Wandlung des Ich-Erzählers, der vom Nerds in einen cleveren Autoren mutiert, nur mit Humor und Phantasie zu ertragen, die Freundin, eine geldgeile Lebedame, mit Dreistheit und Dummheit gesegnet und die beiden Nachbarn, die ich in die moderne umweltfreundlich alternative Ecke stelle, sind in ihrer Einfältigkeit kaum zu übertrumpfen.Einmal im Lesefluss, der Roman entpuppt sich als echter Pageturner, bin ich von den KI - Texten, deren es viele und auch mit längeren Absätzen im Buch gibt, immer wieder erstaunt, was Computerprogramme tatsächlich können. Wen wunderts, dass der Nerd mit der KI eine fast intime Beziehung eingeht, und dem digitalen "ES" einen Namen gibt. Ich nenne die jetzt auch nur mehr Kirsten. Und somit erinnere ich mich mein Leben lang an ihn, den Charles mit seinem Roman "Täuschen echt". Danke auch.FazitDass Charles Lewinsky vieles kann und wenig scheut, beweist er seit Jahrzehnten. Oliver Jungen - FAZ (Zitat Buchrücken)."Täuschend echt" ist ein Beweis dafür, dass man mit KI einen unterhaltsamen Roman schreiben kann, vorausgesetzt man kann schreiben und mit der KI umgehen. Allzu ernst sollte man aber die Handlung nicht nehmen, dafür ist der Roman zu oberflächlich. Und trotzdem habe ich ihn gerne gelesen.