Spannende Science Fiction-Geschichte mit hölzernen Figuren und sehr einfachem Schreibstil, die sich aber gut lesen lässt und Spaß macht.
An seinem 14. Geburtstag verliert Chen seine Eltern durch einen Kugelblitz, der sie vor seinen Augen in sehr kurzer Zeit zu Asche verbrennt. Fortan ist er von diesem Naturereignis so fasziniert, dass er sein Leben dessen Erforschung widmen wird. An der potentiell großen Zerstörungskraft der Kugelblitze hat natürlich auch das Militär ein Interesse und als junger Wissenschaftler arbeitet Chen vor allem mit Lun Yun, einer Soldatin mit wissenschaftlichem Hintergrund, zusammen, um herauszufinden, wie man Kugelblitze (militärisch) nutzbar machen kann. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem Chen sich entscheiden muss, wie weit er gehen will.Nachdem ich die "Trisolaris"-Trilogie von Liu Cixin gelesen hatte, die mich sehr begeistert hatte, war ich auf weitere Bücher des Autors gespannt. "Kugelblitz" hat er schon vor zwanzig Jahren geschrieben und auch hier lotet er die Grenzen von Technik und Wissenschaft aus. Wie auch in der Trilogie legt Liu seine größte Aufmerksamkeit auf den Science Fiction-Aspekt und man spürt seine Leidenschaft dafür förmlich durch seine Geschichten hindurch. Der Erzählstil ist hier wieder einfach und direkt mit etwas unnatürlichen Dialogen. Die Figuren sind alle sehr eindimensional und hölzern, sie machen keine wirklichen Entwicklungen durch und reagieren in der Regel rein logisch (- außer wenige Charaktere, die dann aber leichte Spuren von Wahnsinn tragen). Die einzige Figur, die wirklich Konturen bekommt, ist Lun Yun, Soldatin und technisches Genie, die eine Obsession für Waffen und keinerlei moralische Skrupel hat. Chen selbst bleibt eine blasse Figur.Der Spannungsbogen der Geschichte hält sich lange recht konstant, auch wenn hin und wieder Längen auftreten, gegen Ende fällt er dann aber rasant ab und es gibt eine vergleichsweise lange, merkwürdig anmutende Szene, die den Lesefluss etwas versickern lässt. Die Schwäche des Autors liegt in der Beschreibung von zwischenmenschlichen Beziehungen, sobald sie nicht mehr rein kollegial sind. Alles, was entfernt mit Liebe zu tun hat, ist für ihn nur nebensächlich und fühlt sich auch nicht natürlich an, sondern eher so, als würde der Autor es nur einbringen, weil es von/in einem Roman erwartet wird.Das mag nun alles eher nagtiv klingen, aber die Geschichte wirkt dennoch einen Sog aus, sie "funktioniert" und das liegt unter anderem auch daran, dass man ihr anmerkt, welchen Spaß der Autor beim Ausloten dieser fantastischen Möglichkeiten hat, die die Science Fiction ihm bietet. "Kugelblitz" ist definitiv nicht so stark wie die "Trisolaris"-Trilogie, aber auch dieser Roman versteht es zu unterhalten und die Fantasie der Leser:innen anzuregen.