Praxisnahe Schreibanleitung für angehende Autoren mit einem Hauch Selbstvermarktung
Elizabeth George dürfte zumindest jedem/r Krimileser/-in ein Begriff sein. Über zwanzig Bestseller in den letzten 30 Jahren dank Spitzenplatzierungen in den Belletristik-Listen sowie populäre Serienadaptionen für das Fernsehen dürften ihre Figuren Inspector Lynley und Sergeant Havers einer breiten Masse geläufig sein. Das Polizistengespann mit dem Hang zur psychischen Analyse der Beteiligten eines Kriminalfalls dürfte Pate für unzählige andere Ermittlerduos des weiterhin boomenden Krimisegments aus Großbritannien gestanden haben.Nun also ein lehrreiches und auch spannendes Sachbuch, das Auskunft gibt, mit welchem Handwerkszeug dieser Erfolg möglich ist. George, die neben ihrer Autorentätigkeit auch erfahrene Dozenten für das Kreative Schreiben ist, baut die Entstehung eines Romans strukturiert auf. Es mündet in zahlreichen Tipps, wie man seinen Schreibprozess organisiert und spart auch nicht an einer eigenen Nabelschau, was sowohl ihre Fans als auch angehende Autor:innen begeistern dürfte. Das Buch ist kein reines Handbuch, sondern eher eine Werkschau, die an ihr früheres Sachbuch "Wort für Wort", ebenfalls ein Schreibratgeber aus dem Jahr 2004, anknüpft und das immer wieder Teile ihres Romans "Doch die Sünde ist scharlachrot" als plakative Beispiele heranzieht. Dadurch werden ihre Tipps für die Figurenentwicklung und die Szenen sehr konkret und gut nachvollziehbar. Überhaupt ist ihre Devise, einen Roman primär über die Figuren zu entwickeln. Die Schritte vollziehen sich über die Recherche für eine Idee, die Orte der Handlungen, Entwicklung des Handlungskerns, der Figuren, auslösende Momente, dramatische Fragen und Antworten, Spannungsbögen, Konflikte, innere und äußere Haltungen und vieles mehr. Bereichert wird das flott geschriebene Nachschlagewerk durch Schreibübungen, die sie laut Nachwort mit ihren eigenen Studierenden erprobt hat.Am besten gefielen mir die Preisgabe ihrer eigenen Listen und Techniken, die für Nachwuchsautor:innen sicherlich nützlich sind. Ein besonderes Highlight ist die Beschreibung und die Übung zu der von ihr erfundenen GVS, der Geschwätzvermeidungstechnik, die Dialoge optimal in eine Story unterbringt, damit diese nicht plump und hölzern wirken.Einen Stern Abzug gibt es für den meiner Meinung irreführenden Untertitel "Wie aus einer guten Idee ein perfekter Roman wird". Dieser suggeriert, dass jede/r Interessierte in der Lage wäre, allein mit diesem Buch einen Beststeller zu schreiben. Sicherlich eine Aktion des Verlags, um dieses Buch zu verkaufen. Gleichwohl weist George mehrfach darauf hin, dass sie "jedoch lediglich zeigen möchte, wie ein ganz bestimmter Prozess, den ich (George) über Jahre entwickelt habe, mir (George) beim Schreiben hilft." Sie betont dabei, "dass es nicht einfach ist (einen Roman zu schreiben) und Talent, Wissen, Durchhaltevermögen, Disziplin und Leidenschaft erfordert", was die meisten abschreckt. Das Buch könnte also auch falsche Erwartungen wecken und folglich enttäuschen.Der Schreibratgeber Teil zwei ist sicherlich eine Bereicherung für alle George-Fans und alle Nachwuchsautor:innen. Mit etwas mehr Checklisten und tabellarischen Aufzählungen wäre es noch besser gelungen, den roten Faden für den George-Schreibprozess im Auge zu behalten, um dann zu prüfen, in wie weit dieser auch für eigene Projekte gespannt werden könnte.