"Hab was für dich", sagte er und kramte in seiner Hosentasche. Eine kleine Blechdose. Er schüttelte sie und machte große Augen. Und damit hat es angefangen. Manchmal hat Samuel Ideen, die mir völlig fremd sind. Sein Geschenk war eine dieser Ideen. Ich bin nicht allein verantwortlich. Unter normalen Umständen wäre das alles nicht passiert.
In "Räuberhände", dem ersten Roman des vielfach ausgezeichneten Autors Finn-Ole Heinrich, wird die Geschichte von Janik und Samuel erzählt, deren intensive Freundschaft durch ein einschneidendes Erlebnis auf eine harte Probe gestellt wird. Alles, was sie bisher verbunden hat, scheint durch wenige Minuten in Frage gestellt zu sein. Zusammen wollten sie sich in Istanbul auf die Suche nach einem freien und selbstbestimmten Leben begeben. Dabei lässt ihre Herkunft sie auch in der Ferne nie ganz los: Janiks liberale Eltern, die Samuel ohne Aufhebens bei sich aufgenommen haben und so viel richtig machen, dass es beinah unerträglich ist; Samuels Mutter Irene, die Pennerin, die dennoch voller Stolz auf ihren Sohn blickt. In Istanbul hofft Samuel, mit Janiks Hilfe seinen unbekannten Vater zu finden. Doch ist eine unbeschwerte Reise nach allem, was geschehen ist, überhaupt noch möglich?
In seiner klaren, sehr eigenen Sprache beschreibt Finn-Ole Heinrich die schwierige Zeit des Erwachsenwerdens als die Geschichte einer großen Suche: nach dem, was Freundschaft ausmacht, nach der eigenen Identität, die manchmal auch ein Lossagen von der Vergangenheit und der elterlichen Herkunft bedeutet, nach Sexualität und Stabilität. Der Erzähler nimmt uns mit auf eine Reise, die manchmal schmerzt, immer berührt und bis zum letzten Satz spannend bleibt.
"Räuberhände" ist inzwischen ein echter Klassiker im Programm des mairisch-Verlags: Das Buch war 2013 und 2014 Abitursthema an allen Hamburger Schulen, wird als Theaterstück vom Hamburger Thalia Theater aufgeführt und von Finn-Ole Heinrich auch als Hörbuch eingelesen.