Postenkommandant Gasperlmaier versteht die Welt nicht mehr. Band sieben der kauzigen Kriminalroman-Serie aus Österreich.
Letzter StollenEin Altaussee-Krimivon Herbert Dutzler400 Seiten© Haymon Taschenbuch, Innsbruck-Wien 2019www.haymonverlag.at ISBN 978-3-7099-7910-5Sich bereits vor sechs Uhr in der Früh mühsam aus dem Bett zu wuchten ist für Gasperlmaier eher ungewohnt. Der Postenkommandant schwitzt, auch wenn das geöffnete Fenster die, selbst in Juninächten, immer noch kalte Altausseer Luft in die Stube lässt. Auch der unangekündigte Regen vermasselt ihm seine sowieso schon angeschlagene Stimmung.Unten in der Küche scheint es schon zu rumoren, und das nach dieser unruhigen Nacht. An Schlaf war nicht zu denken, denn der aktuelle Fall lässt ihm auch nachts, besonders wenn seine Phantasie Purzelbäume schlägt, keine Ruhe. Auch seine allwissende Mutter hatte ihren Teil dazu beigetragen, indem sie ihm am Vorabend, im Zusammenhang mit den Ermittlungen um den "Mord unter Tage", einen Namen nannte. Nur einen Namen, mehr nicht. Mehr wolle sie nicht sagen. Ausgerechnet der "Hierlinger", der ein "regelmäßiger Kunde" ist. Doch ist dieser schon länger nicht mehr negativ in Erscheinung getreten. Die Zeiten, als er durch stark alkoholisiertes Fahren mit Auto und Moped aufgefallen ist, und "vor lauter Rausch nicht mehr gewusst hat, wo links und wo rechts war", sind vorbei ..."Letzter Stollen", der siebte Band der Reihe um den Altausseer Polizisten Franz Gasperlmaier und seiner Vorgesetzten Frau Dr. Kohlross kommt erstaunlich aufgeräumt daher. Im Vergleich zum ersten Band "Letzter Kirtag" wirkt der "kauzige Ermittler" ein wenig entschärft und scheint seinem Klischee als "liebenswerter Tolpatsch" nicht mehr ganz entsprechen zu wollen. Die Zeiten, in welchen ihn der Rezensent noch als wahren "Katastrophenmagneten" bezeichnete, scheinen beendet zu sein. Die Handlung um den Mord an einem Kunstsammler, der sich auf die Suche nach einem Bild des holländischen Malers Jan Vermeer gemacht hat, plätschert dann doch eine Spur zu unspektakulär dahin. Leserinnen und Leser dürfen sich zunächst auf eine mehr oder weniger langwierige Beschreibung von Gasperlmaiers momentanem Privatleben einstellen. Schließlich ist er gerade fünfzig geworden und selbstverständlich sind auch die Kinder zu Besuch. Herbert Dutzler legt, wie immer, Wert auf die familiäre Situation und das ganze Drumherum überhaupt.Sein Metier sind aber einmal mehr die feinen Untertöne. Gasperlmaier scheint nun in ein Alter zu kommen, in welchem ihn die Reize anderer Damen mehr und mehr und fast unvermeidlich zwanghaft beschäftigen. Eine ehrliche Haut, wie er nun mal ist, käme er niemals (absichtlich) auf die Idee irgendwelcher anzüglichen Umsetzungen seine Phantasien. Verunsichern tun sie ihn aber mit zunehmender Tendenz.Herrlich, wie der Autor diese Problematik, so scheinbar nebenbei, in den beschaulichen Alltag des einfachen, braven Polizisten einfließen lässt. Beim Anblick der Tochter des ermordeten Kunstsammlers Bernhard Abelein beispielsweise breitet sich in seiner Mitte "so ein warmes, schmelzendes Gefühl aus". Und wenn sie "anmutig" in ein Lachsbrötchen beißt, jagt es ihm "kalte Schauer über den Rücken".Trotz dem stellenweise behäbig wirkenden Beginn der Geschichte hat Herbert Dutzler seine ganz spezielle Art des Spannungsaufbaus nicht vergessen. Er versteckt sie am Anfang einfach. Dann steigert er sie, selbstverständlich mit Bedacht und in erlesen-feinfühliger Dosierung. Und während sich die Ereignisse in der Region dramatisieren, wobei eine wilde Schießerei nur ein Aspekt ist, gerät auch der Gasperlmaier immer weiter in den Strudel seiner ebenso hausbackenen wie kauzigen Weltanschauungen. Sein "Schöpfer" hat für seinen weiteren Lebensweg eine ganze Reihe weiterer Hürden aufgestellt.Der Gasperlmaier versteht ganz allgemein die Welt nicht mehr. Im Speziellen ist es dieses Mal die Kunst und das ganze Theater, das um ein Gemälde veranstaltet wird. Was soll das eigentlich alles? Schließlich hängen "in den ganzen Museen eh genug Bilder herum".