Schon in der Bibel steht geschrieben, dass ein Mann ein Haus bauen, einen Baum pflanzen und einen Sohn zeugen soll. Und genau das hat der Vater von Luigi und Alfredo getan. Eer ahnt nicht, dass die von ihm ausgewählte Fichte und die Lärche zum Sinnbild der Charakterzüge seiner Söhne werden. Auf den ersten Blick können die gepflanzten Bäume und die beiden Brüder nicht unterschiedlicher sein, doch beim nähren Hinsehen verbindet sie doch mehr, als ihnen vielleicht lieb ist. Der eine geht, der andere bliebt ....und dann stehen sie sich nach Jahren wieder gegenüber....Paolo Cognetti ist ein Meister der leisen Töne, der in wenigen Worten ganz viel zur Sprache bringt. "Unten im Tal" erzählt von Gegensätzen, Fußstapfen, Verpflichtungen, gegenseitig zugefügten Schmerzen und dem Ruf des Geldes, der manchmal eine Schneise der Verwüstung hinterlässt, ohne dabei die Folgen für Mensch und Umwelt zu bedenken.Die Charaktere sind sehr fein gezeichnet und Cognetti ermöglicht seiner Leserschaft, die beiden Brüder und ihre Eigenarten kennenzulernen. Während der eine sein vermeintliches Glück im Ausland sucht, immer vor sich selbst, seinen Wurzeln und der Verantwortung auf der Flucht ist, versucht der andere in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, ohne dessen Marotten anzunehmen. Es geht um gesellschaftliche Zwänge, Ansichten, menschgemachte Gesetze und dem Raubbau an der Natur.Wie die Borke der Bäume rauh und rissig ist, so ist auch das Leben in den Bergen - es hinterlässt Spuren, macht mitunter hart - sich selbst und anderen gegenüber - und ist trotzdem lebenswert. Cognetti lässt das Eis auf den Bergen und in den Herzen tauen, blättert im Buch der nostalgischen An- & Einsichten und gibt einen Ausblick darauf, dass der (technische) Fortschritt zugleich Fluch und Segen für ein abgelegenes Tal ist.Wie immer ein Roman, der sich deutlich vom Mainstream abhebt und gerade deswegen sehr lesenswert ist.