Mitte der sechziger Jahre in Paris. Jean, ein angehender Schriftsteller, lernt die geheimnisvolle Dannie kennen, eine Frau mit vielen Namen und Wohnorten, die offensichtlich Verbindungen zu einer Gruppe von undurchsichtigen Männern hat, die zwielichtige Kontakte nach Marokko haben. Obwohl das alles andere als eine normale Liebesgeschichte wird, werden die beiden ein Paar und Jean erlebt diese Zeit immer mit einem leisen Hauch der Bedrohung. Als dann ein marokkanischer Exilpolitiker entführt wird, verschwindet auch Dannie. Jean wird später zu einem ungeklärten Todesfall verhört, zu dessen Aufklärung er nichts beitragen kann, die aber dem Treiben der ¿Montparnasse-Bande¿ zugerechnet wird, zu der es auch Querverbindungen mit Dannie gab. Der ermittelnde Kommissar übergibt nach seiner Pensionierung Jean eine Akte, der seine ehemalige Freundin in einem anderen Licht zeigt. Jean versucht, die Geschichte ihrer kurzen Beziehung nach zwanzig Jahren noch einmal aufzuarbeiten.Im Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart erinnert sich Jean an die Zeit mit Dannie und was er über diese kurze, aber intensive Zeit an Gefühlen noch reaktivieren kann. Er versucht mit dem Material aus einem kleine Notizbuch aus dieser Zeit und der Akte, die ihm zur Verfügung gestellt wird, das eigenartige Verhältnis zu der Frau mit den vielen Namen zu fassen, doch entweder gelingt es ihm nur lückenhaft oder er verschließt sich dem Offensichtlichen.Modianos Buch ist ein aufregender, langer Spaziergang durch Paris, den Veränderungen und den Geheimnissen, denen sich seine Hauptfigur in der Vergangenheit entzogen hat, um nicht der Wahrheit ins Gesicht blicken zu müssen. Der Autor erzählt in einer bestechend klaren und atmosphärisch dichten Sprache, man gerät sofort in den Sog der geheimnisvollen Pariser Viertel und wird in die nüchterne Realität zwanzig Jahre später gestoßen. Die Veränderungen haben viele Erinnerungen einfach ausgelöscht und so ist es auch nicht verwunderlich, dass der Erzähler am Ende seines Berichts einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt. So, wie er zwanzig Jahre vorher alles ignoriert hat, was seine Beziehung zu Dannie gefährden konnte, gibt er sich jetzt mit dem wenigen zufrieden, was er bei seinen Nachforschungen an gesicherten Erkenntnissen gewinnt.¿Gräser der Nacht¿ ist ein hervorragendes Beispiel, Modianos Erhalt des Nobelpreises zu rechtfertigen. Mit seinem unverwechselbaren Stil und der Fähigkeit, den Leser in alle Facetten seines Schreibens mitzunehmen und zu packen, hat der Autor eine dieser Ebenen erreicht, die ihm einen festen Platz in der jüngeren Literaturgeschichte garantiert.