Als Nell Summers nach dem Tod ihres Vaters dessen Haus ausräumt, entdeckt sie ein altes, vergilbtes Foto, das einen blutjungen farbigen US-Soldaten, der eine Ähnlichkeit mit ihrem Vater aufweist. Könnte dieser Mann ihr Großvater sein? Denn Nells Vater ist als Baby adoptiert worden und scheint Nachforschungen über seine Herkunft gestellt zu haben.
Nell muss neben dem Tod des Vaters auch eine Scheidung und den Verlust des ungeborenen Babys verarbeiten. Um sich abzulenken und Näheres über ihre Wurzeln zu erfahren, reist sie nach Cornwall, in das kleine Dorf Pencallyn Cove, wo es möglicherweise Antworten auf ihre Fragen gibt.
Pencallyn ist jener Ort, in dem die US-Army 1944 für den D-Day, der Invasion in der Normandie, trainiert hat.
Sie lernt Estella Kellow, die 95-jährige Besitzerin von Pencallyn House, einem Anwesen mit einem ehemals wunderschönen Garten, und Josh Richardson kennen. Josh ist genau das Gegenteil seines jähzornigen Vaters, der Estella das Anwesen abkaufen und umbauen will.
Als Estella bei Nells Anblick erschrickt und sich den Oberschenkelhals bricht, verbringt Nell viele Stunden bei ihr im Krankenhaus. Die beiden Frauen kommen sich näher, als Nell die alten Fotos herzeigt. Estella erzählt aus ihrem Leben, von einer tiefen Mädchen-Freundschaft, einer großen Liebe und ihrem tyrannischen Vater. Nell lauscht gebannt den Erzählungen der alten Dame und erfährt einiges, das ihr eigenes Leben ziemlich auf den Kopf stellen wird.
Meine Meinung:
Für gewöhnlich lese ich keine Liebes- oder Frauenromane à la Rosamunde Pilcher. Doch dieser hier hat mir sehr gut gefallen, obwohl der Roman stellenweise ein wenig zu kitschig ist. Ruth Saberton fängt die Stimmung des Dorfes in den 1940er Jahren sehr gut ein. Der Mann ist als Pater Familias das Oberhaupt einer Familie, die auch Dienstboten mit einschließt, und alle haben sich nach ihm zu richten. Der alte Kellow ist ein Tyrann, der sich alle Freiheiten nimmt, seine (zweite) Ehefrau ebenso verprügelt wie seine Tochter und mit seiner rassistischen Meinung nicht hinterm Berg hält, als die US Army auf seinem Grundstück Zelte für ihre Soldaten aufstellen lässt.
Auch der Standesdünkel spielt eine Rolle. Estella kann natürlich nichts dafür, bemüht sie sich doch redlich Evie, das Waisenkind aus London, als Schwester anzunehmen. Die Mädchen schließen Blutsschwesternschaft und versprechen einander zu helfen. Jahrelang halten sie wie Pech und Schwefel zusammen, bis Evie ihre ganz eigenen Pläne hat.
An einigen Stellen sind die Ereignisse vorhersehbar, was mich persönlich aber nicht stört, da ich an der schriftstellerischen Umsetzung interessiert bin. Sehr intensiv ist die emotionale Verbindung zwischen Nell und Estella, die sich ja erst vor Kurzem kennengelernt haben, beschrieben.
Fazit:
Wer eine fesselnde Familiengeschichte lesen will, deren Bogen sich vom Beginn des Zweiten Weltkriegs bis in die Gegenwart spannt, ist hier richtig. Gerne gebe ich diesem Roman 5 Sterne.