¿Die Ladenhüterin` war ein absolutes Lesehighlight für mich, weshalb ich auch am neuesten Roman der Autorin nicht vorbeikam. Ich hatte wieder eine Kritik an der japanischen Gesellschaft, versehen mit einem Augenzwinkern, erwartet und letztendlich wirklich schwere Kost erhalten, die kaum zu verdauen und noch schwerer zu vergessen ist.
Die Geschichte der beiden Außenseiter Natsuki und Yu hat mich noch lange Zeit beschäftigt.
Die beiden verbindet eine innige Beziehung, nur beim jeweils anderen haben sie das Gefühl, wirklich verstanden zu werden. Bei einem der jährlichen Familientreffen wird dieses besondere Band von ihren Verwandten bemerkt und sie werden auseinandergerissen.
Nach einem Zeitsprung knapp 20 Jahre in die Zukunft ist Natsuki verheiratet. Ihr Ehemann Tomoobi fühlt sich ebenfalls nicht von der Gesellschaft akzeptiert und gemeinsam versuchen sie sich gegen die Ansprüche und den Druck durch ihre Umwelt zu widersetzen, mit fatalen Folgen.
Der Beginn der Geschichte war noch sehr ruhig und beschaulich. Die kleine Natsuki redet mit ihrem Stofftier und stellt sich vor, es sei ein Außerirdischer, der ihre Hilfe benötigt. Später erfährt man den Grund für die Weltflucht und Natsukis Leben nimmt immer düstere Wendungen. Die Themen Kindesmissbrauch, seelische und körperlich Misshandlung, sowie Inzest und Suizid werden hier behandelt. Eine krasse Steigerung zu Muratas ¿Ladenhüterin`, die ich noch mit einem Schmunzeln lesen konnte. ¿Das Seidenraupenzimmer` ist besonders gegen Ende weder zum Lächeln noch eine fluffig verpackte Gesellschaftskritik, sondern die schonungslose Charakterstudie gebrochener Persönlichkeiten und wie sich Traumata noch bis ins Erwachsenenalter auswirken können.
Teilweise wurde mir die Geschichte schon zu düster und auch Natsukis ¿Lösung` gegen Ende mutete sehr abstrus an und war für mich schwer nachzuvollziehen, passte aber dennoch zum generellen Tenor.
FAZIT
Berührend, düster und nachdenklich stimmend.
Wie von Sayaka Murata gewohnt, erstaunlich tiefsinnig und fesselnd, aber wesentlich schwerer zu verdauen als ¿Die Ladenhüterin.` Wer im Hinblick auf Themen wie Kindessmissbrauch und Suizid eher zu den sensibleren LeserInnnen gehört, sollte vielleicht eher nicht zu dieser Lektüre greifen. Ansonsten kann ich aber eine Leseempfehlung aussprechen.