Im Prolog begegnet man Joschi, dem "fabelhaften Lügner", just da, als der seinem Leben ein Ende setzen will. Zu diesem Zweck hat er ein Zimmer in einem einschlägigen Hotel angemietet, allerdings nur für zwei Stunden. Das reichte nicht, er wird gefunden und man pumpt ihm den Magen aus. An seinem Krankenbett finden sich drei Frauen ein: seine Exfrau, seine Ehefrau und seine Geliebte, eine bereits Mutter, zwei davon schwanger.Im Hauptteil des Romans ist Joschi schon lange tot. Zu seinem 100. Geburtstag treffen sich seine Kinder Marika, Hannah und Gabor und seine einzige Enkelin Lily in Weimar, und sie versuchen, aus den Bruchstücken, die sie über Joschi, eigentlich József Molnár, zu wissen glauben, ein Bild zu formen. Am Anfang dieses Familientreffens der besonderen Art steht ein Besuch in einem Konzentrationslager, in Buchenwald. Dort war der Vater/Großvater Häftling - oder vielleicht auch nicht? Oder war er dort, aber nicht, weil er Jude gewesen wäre? War das womöglich nur eine seiner Geschichten? Seine Kinder sind sich uneins: Darf man da, wo man nicht weiterkommt mit der Spurensuche (oder nicht weiterkommen will), nicht nur damit anfangen etwas zu erfinden, sondern auch fest daran glauben? Oder fährt man besser damit, zu akzeptieren, dass man nie wissen wird?Die Vatersuche (und damit der eigenen Identität) bleibt schwierig. Joschi, der Mann, dem "seine Frauen und Kinder abhandenkamen wie anderen Leuten Socken oder Kugelschreiber", bleibt - unerreichbar auch mit verfügbaren Mitteln der Psychologie und der Genforschung - ein Gespenst, ein Rätsel. Und die Verwundungen seiner Kinder präsent.Dem zum Trotz: Zumindest manche traurigen Geschichten kann man auch so erzählen, dass sie nicht ausschließlich traurig bleiben, sondern im Erzählen bizarr und manchmal sogar ein bisschen komisch werden. In einer Familie von Geschichtenerzählern birgt das Vermögen, Geschichten zu erfinden, in sich zwar nicht unbedingt Wahrheit, aber die Chance auf eine andere Art Erkenntnis. Und, damit einhergehend, auf:("... ich wusste auf einmal, dass dort, wo Unordnung hinterlassen wird, die Geschichten warten.")Trost.