Als eingefleischter Individualurlauber dachte Thomas Blubacher eigentlich immer, dass er völlig kreuzfahrtunkompatibel sei, ja dass eine derartige Reise für ihn ein Urlaubs-Albtraum sein dürfte. Sein Neffe, sselbst auf einem Kreuzfahrtschiff beschäftigt, teilte diese Meinung. Und doch schloss sich Blubacher einer Reise an - womöglich vor allem wegen der Verwandtschaftspflege. Es war offenbar sein Damaskus-Erlebnis, denn nun ist Blubacher Autor des Buches "Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten", ein Bericht über Schiffe, Routen und andere Passagiere sowie Crewmitglieder auf allen Weltmeeren und einigen der großen Flüsse - ob Nil und Amazona oder Rhein und Donau.Das Buch hat mich vor allem interessiert, weil meine Schwester seit ihrer ersten Kreuzfahrt ebenfalls zum Fan mutiert ist, während ich nicht nur aus ökologischen Gründen eher skeptisch bin. Ja, die Routen mögen spannend sein, Tage auf See beim Blick aufs Meer die Seele baumeln lassen. Aber dann sind da ja noch die anderen. Passagiere, vor denen man auf einem Schiff nicht aus dem Weg gehen kann, jedenfalls möglicherweise nicht weit genug. Und überhaupt: Wie kann man auf zehn Stunden Landgang überhaupt ein Gefühl für Land und Leute entwickeln? Der Autor, der anfänglich offenbar sehr ähnliche Bedenken hatte, scheint schnell geläutert. Was vielleicht auch daran liegt, dass einige seiner Reisen, eigentlich die meisten, im gehobenen Segment der Kabinenkategorie stattfanden, einige der Schiffe geradezu Luxusbedingungen boten, etwa einen eigenen Butler. Das ist dann sicherlich etwas anderes als Massenabfertigung am Büffet, womöglich mit kreischenden Kleinkindern im Süßigkeiten-High, die einem zwischen die Beine wuseln.Die teils spitzzüngigen Beobachtungen anderer Passagiere und ihres Verhaltens abseits grundlegender Benimmcodes sind amüsant zu lesen - als Reisenachbarn dürften sie mir die Urlaubsstimmung vermiesen. Und auch die Rituale der Liegenreservierung, die auf einem Kreuzfahrtschiff der Beschreibung sogar noch Malle-Touristen im Pauschalhotel toppen dürften - oh the horror! Als Fernwehbesessene, die schon als Kind mit dem ersten Atlas Reiserouten erträumte, ist "Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten" nicht ohne Reiz. Vor allem das teils wochenlange Unterwegssein, Ozeanüberquerungen als entschleunigte Art des Reisens klingt gut. Ob ich persönlich mich auf einem Kreuzfahrtschiff wohl fühlen würde, weiß ich immer noch nicht. Aber ich wäre vielleicht eher geneigt, es tatsächlich mal auszuprobieren. Und für alle, die gerade zwischen zwei Kreuzfahrten sind und bereits von der nächsten Reise träumen, dürfte dieses Buch ein Muss sein.