1, Einleitung - Lynch und der Mythos:
In der neunten Klasse hatte David Lynch ein Gespräch, das sein Leben veränderte. 'I met a guy named Toby Keeler. As we were talking, he said his father was a painter. I thought maybe be might have been a house painter, but further talking got me around to the fact that he was a fine artist."
In der Welt, die Lynch kannte und erlebte, war dies unvorstellbar. Nie zuvor hatte er so etwas gehört. Und als er diese Möglichkeit realisierte, war es für ihn ganz klar - er würde Maler werden.
Im Herzen ist Lynch ein Maler, dem bei Gemälden Bewegung und Ton fehlen. Einen wesentlichen Teil der Faszination der Malerei führte er zum Film mit: die unzähligen Möglichkeiten zur Interpretation. So wie auch Bilder von jedem Menschen unterschiedlich interpretiert werden (können), mag Lynch die Vorstellung, dass in jedem einzelnen Versuch Wahrheit steckt. Dies führt zur Unauflösbarkeit seiner Filme, denn sie lassen keine vollständig logische Auflösung zu. 'Es verstrickt den Zuschauer in ein Verwirrspiel, das dieser nicht gewinnen kann.' Unendlich viele Lösungen enthalten genausoviel Wahrheit wie keine davon. Nie gibt es genügend Beweise für die eine richtige Interpretation, immer kommt eine komische Sache dazwischen. '[T]he clues are all there for a correct interpretation, and [...] in a lot of ways, [Lost Highway is] a straight-ahead story. There are only a few things that are a hair off.'
Um ein unlösbares Verwirrspiel zu kreieren, bedarf es einer Struktur, die ihr Ziel nicht verfehlt. 'Mystery is good, confusion is bad, and there's a big difference between the two.' Der Künstler Lynch entscheidet bewusst über die Essenz, die diese gewünschten Wirkungen in seinen Filmarbeiten ausmachen. 'Nichts geschieht ohne Grund. Und in meinen Filmen schon gar nicht.' Ein gewisser Reiz entsteht bei der Suche nach dem Kern der Geschichte. Lynch's Filme nehmen ihre Faszination auch daher, dass der Zuschauer tiefer und tiefer graben kann, mehr und mehr Wahrheiten erfährt, doch das Mysterium nicht gänzlich aufzulösen vermag. Filmen geht bei Lynch unter die Oberfläche, da er Türen öffnet, die sonst verschlossen bleiben und Räume betritt, die allein in der Vorstellung existieren, 'aber dort existieren sie wirklich'. Damit bewegt sich Lynch im Bereich jenseits des Bewussten. Er zeigt dem Zuschauer
'das infantile Unbewußte [...] in [das] wir im Schlaf eintauchen und [das] wir immer in uns tragen. [...]