Wildheit gehört zu den grundlegenden kulturellen Zuweisungen von Animalität. Auch wenn die Definitionen von ,wild' und ,Wildheit' vorläufig und wandelbar bleiben und sich nicht an der Spezieszugehörigkeit festmachen lassen, wird das Wilde doch allgemein als das Ungezügelte, Ungezähmte, Fremde und Sprachlose verstanden. Wildheit ist dann paradoxerweise sowohl das, was nicht gezähmt werden kann, als auch das, was unterworfen werden muss.
Im Anthropozän tendieren wir dazu, das Wilde als eine Art utopische Gegenwelt zur Zivilisation zu sehen. Das Wilde wird dabei eine rhetorische Formel für Freiheit jenseits von menschlicher Kontrolle oder Restriktionen. Als Gedankenkonstrukt entzieht sich das Wilde also einer klaren Bewertung. Es ist niemals lediglich eine negative Figur der Aus- und Abgrenzung des Anderen und des Unzivilisierten, sondern kann ganz im Gegenteil auch als positive, vitale Qualität gelten und damit zu einem Aktionsmodell mit subversiver Kraft werden.
Die Beiträge in dieser Ausgabe von Tierstudien analysieren, wie Wildheit in der Kunst und Dichtung, aber auch in der Jagd und Reiterei repräsentiert und produziert wird. Sie diskutieren aber auch die Hilfspflichten gegenüber wildlebenden Tieren und die Wildtiergesetzgebung. Neben Wölfen, Pferden und Hunden werden auch "wilde Kinder", nichtmenschliche Primaten sowie asiatische Marienkäfer untersucht. Drei Bildstrecken zeigen das Wilde als Raum kreativer Freiheit.
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