Das Szenario ist erschreckend real, aber in meinen Augen zu überzeichnet.
Als Wolf Harlander seinen Roman "42 Grad" schrieb (er wurde am 30.06.2020 veröffentlicht), konnte er nicht wissen, dass in der Ukraine ein Krieg beginnen würde (Russland marschierte am 24.02.2022 in die Ukraine ein) oder dass der Sommer 2023 ungewöhnlich heiß werden würde (die Temperaturen stiegen im Süden Europas flächendeckend auf über 45°C). Allerdings ließ sich eine Tendenz dazu beobachten, so dass der Roman kaum noch als Dystopie bezeichnet werden kann, auch wenn der Autor bei einigen Beschreibungen etwas über das Ziel hinausschießt.Anhand unterschiedlicher Schicksale in Europa mit Schwerpunkt auf Deutschland beschreibt der Autor das Szenario, dass Europa in Gänze von einer massiven Dürreperiode betroffen ist. Und zwar von einer, die weitreichende Folgen für die Trinkwasserversorgung hat. Dies hat zur Folge, dass die Trinkwasserversorgung vielerorts zusammenbricht und zahlreiche Menschen regelrecht verdursten. Wie schnell ein funktionierendes System brachliegen kann, hat uns die Coronakrise gelehrt. Allerdings legt der Autor noch eine Schippe drauf und setzt der Dürreperiode noch eine terroristische Aktion obendrauf.Es mag ja sein, dass der Autor einige Szenarien gut recherchiert hat, aber an manchen Ecken und Kanten ist mir das Szenario etwas zu unrealistisch, was vor allem an den Verknüpfungen von menschlichen Aktivitäten mit denen der Naturereignissen liegt. Es hat nämlich oftmals den Anschein, als könnten terroristische Aktionen eine Dürreperiode herbeirufen. Hier fand ich die Darstellung ein ums andere Mal relativ unrealistisch.Die Sicht auf die Situation wechselt immer wieder. Mal beschreibt der Autor haarklein, welche Auswirkungen die Krise auf einzelne Menschen, mal "zoomt" er heraus und betrachtet das Ganze aus Sicht des allwissenden Erzählers und mal wechselt er in die Sicht des Journalisten und beschreibt Ereignisse aus Sicht einer Nachrichtensendung. In meinen Augen ist dieser Mix nur bedingt gelungen, denn die Passagen der Einzelschicksale nahmen deutlich Tempo aus der Geschichte und hatten hier und da wie ein Bruch gewirkt.FazitDas Szenario ist erschreckend real, aber in meinen Augen ein wenig zu überzeichnet. Der Autor schießt ein wenig über das Ziel hinaus und suggeriert Zusammenhänge, wo keine sind. Auch hat mir der Wechsel zwischen den Erzählperspektiven nicht immer gefallen. Dennoch ist dies ein spannender Roman, der den Leser zu fesseln vermag, wenn er über die ein oder andere Schwäche hinwegsehen kann.Ich habe das Buch als Hörbuch gehört, das Uve Teschner eingesprochen hat. Wer meinen Blog kennt, wird wissen, das ich den Sprecher mag und dieser schon bei vielen Hörbüchern gezeigt hat, das er seinen Job versteht.