Kylie und Braxton stehen total aufeinander. Allerdings sind sich beste Freund:innen und wollen diese Freundschaft nicht gefährden. Das steht im Klappentext, und das bekommt man auch. Nicht mehr und nicht weniger.
Handlungstechnisch wirkt es eher wie eine grobe Rohfassung. Es gibt den Handlungsstrang Kylie und Braxton sowie einzelne Situationen, in denen man vermuten könnte, dass man eventuell daraus mit viel Fantasie noch Nebenhandlungen erahnen könnte. Durch die großen Zeitsprünge zwischen den Szenen hatte ich immer wieder das Gefühl, als hätte ich etwas verpasst. Aber anscheinend passiert im Leben der Protagonist:innen nichts nennenswertes, wenn sie sich nicht gerade anschmachten. Sie entwickeln sich in der Zeit auch nicht weiter, oder sammeln Erfahrungen, sondern machen einfach dort weiter, wo sie vor einiger Zeit (manchmal sogar vor ein paar Monaten) aufgehört haben. Außerdem gibt es konstruiertes Drama, das man sich auch hätte sparen können.
Da man die beiden Protagonist:innen hauptsächlich in Interaktion miteinander kennenlernt, bleiben sie als selbstständige Charaktere sehr austauschbar.
Von Kylies Charakter ist bei mir hauptsächlich hängengeblieben, dass sie unglücklich damit ist, wenn ein Mann das Wort Nein versteht, weil sie will, dass er es doch wenigstens probiert, was bei mir ein extrem ungutes Gefühl ausgelöst hat, weil Konsens einfach unfassbar wichtig ist. Wenn sie nicht will, dass er Nein versteht, dann soll sie nicht Nein sagen. Ich muss selbst regelmäßig erklären, dass mein Nein tatsächlich Nein bedeutet, und meine Grenzen rabiat verteidigen, weil manche Männer der Meinung sind, dass meine Grenzen verhandelbar sind. Wenn jetzt jemand unglücklich damit ist, dass verstanden wird, was sie sagt, dann ist das nicht nur extrem verwirrend, sondern kann im sexuellen Kontext auch gefährlich werden, weil Missbrauch gerechtfertigt wird, weil man dann immer argumentieren kann, dass sie zwar nein gesagt, aber ja gemeint haben könnte. Das hat mich so wütend gemacht, dass ich das Buch an der Stelle fast abgebrochen hätte. Mein Blutdruck steigt noch immer, wenn ich daran denke!
Braxton ist leider auch hardcore unsympathisch. Er ist arrogant, behandelt die meisten Menschen von oben herab und sein Charakter besteht aus besitzergreifenden Gedanken, Gewaltfantasien, Six-Pack und Sport.
Sämtliche Charaktere haben die geistige Reife von Volksschüler:innen und natürlich sehen alle super aus, was dann auch die einzige Erklärung dafür ist, warum sie aufeinander stehen. Wobei das auf mich auch hauptsächlich wie reine körperliche Anziehung gewirkt hat und nicht wie Liebe.
Die Sprecherin von Kylie hat mir aber sehr gut gefallen, weil ihre Stimme einfach angenehm war. Braxtons Sprecher fand ich auch in Ordnung, außer wenn er versucht hat, Kylies Stimme zu imitieren. Das klang für mich eher wie die Stimme eines Kleinkindes. In Kombination damit, dass Braxton Kylie gerne Babygirl nennt und dem sexuellen Kontext, war das für mich echt merkwürdig.
Wer den Klappentext ansprechend findet und nicht mehr erwartet, kann wahrscheinlich ein paar schöne Stunden mit der Geschichte verbringen.
Mein Fazit ist aber: Nein heißt Nein, Kommunikation ist wichtig und ein Six-Pack ist kein Grund sich zu verlieben.