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Produktbild: Die verbotenen Bücher | Hubert Wolf
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Die verbotenen Bücher

Die geheimen Archive des Vatikan

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1 | Hubert Wolf, Archäologie im Vatikan - Die katholische Buchzensur (1)
Sendung: 10. 02. 2008, SWR2, Redaktion: Ralf Caspary

Wissen war in früheren Zeiten ein Privileg von wenigen, vor allem einfache Leute hatten keinen Zugang dazu. Die Situation änderte sich grundlegend mit der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg im 15. Jahrhundert. Bücher lassen sich in großen Stückzahlen vervielfältigen und unter die Leute bringen. Vor allem Luther, so Wolf, macht sich die Möglichkeiten der Verbreitung zunutze: Jeder Dritte hat eine gedruckte Lutherschrift gelesen. Die katholische Kirche kann die Flut von Schriften nicht eindämmen, aber sie möchte verhindern, dass unliebsame Bücher gelesen werden. So kommt es zur Einführung des sog. Index, einer gedruckten Liste, die alle dem Katholiken verbotenen Bücher verzeichnet. Bei Zuwiderhandlung droht Exkommunikation. Eine Begründung für solche Verbote wurde nie vorgelegt, sie ruhte in den geheimen Archiven des Vatikan. 1966 nach über 400 Jahren wurde der Index im Zuge des II. Vatikanischen Konzils aufgehoben. Erst seit 1998 ist das Archiv zugänglich, in dem das Begründungsmaterial des Index liegt. Es aufzuarbeiten ist Sache eines groß angelegten Forschungsprojekts von Hubert Wolf.


2 | Hubert Wolf, Archäologie im Vatikan. - Die katholische Buchzensur (2)
Sendung: 17. 02. 2008, SWR2, Redaktion: Ralf Caspary

Einer der interessantesten Fälle in der Geschichte des Index ist der von Galileo Galilei. Die Begründung für das Verbot war kurz und trivial, es wird eine Stelle aus dem Buch Josua zitiert, in der der Sonne befohlen wird, stillzustehen. Dies sei nur möglich, wenn sich die Sonne bewege, also sei jede andere Annahme, wie die, dass sich die Erde um die Sonne drehe, irrig. Allerdings bedeutete das nicht, dass jede abweichende Meinung von der Kirche verfolgt wurde, naturwissenschaftliche Erkenntnisse, so Wolf, hätten spärlicher als erwartet in den Index Eingang gefunden. Entscheidend war, ob der Wissenschaftler das Widersprechende als Hypothese oder als Beweis, der die Bibel widerlegen würde, verstanden wissen wollte. In der Folge diskutiert Wolf noch eine Reihe prominenter Verbote, wie Heinrich Heine, dessen Schriften für zu frivol gehalten werden. Auch der Roman "Onkel Toms Hütte" fällt unter das Verdikt, weil er von einer Frau geschrieben wurde, einer Methodistin, die den Aufstand predige. Hitlers "Mein Kampf" stand nie auf dieser Liste, stattdessen Alfred Rosenbergs "Mythos des 20. Jahrhunderts", den man seiner quasi religiösen Anschauungen wegen zu bannen versuchte. Nur Materialien bis 1939 sind bislang zugänglich, Wolf hofft, dass bald auch weitere Jahrzehnte der Forschung offenstehen.

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Produktdetails

Erscheinungsdatum
11. Juni 2018
Sprache
deutsch
Ausgabe
Ungekürzt
Dateigröße
39,24 MB
Laufzeit
56 Minuten
Reihe
O-Ton-Wissenschaft
Autor/Autorin
Hubert Wolf
Herausgegeben von
Franz-Maria Sonner
Sprecher/Sprecherin
Hubert Wolf
Verlag/Hersteller
Family Sharing
Ja
Produktart
MP3 format
Dateiformat
MP3
Audioinhalt
Hörbuch
GTIN
4057664397935

Pressestimmen

Besprechung vom 30.10.2024

Von der Fehlbarkeit der Päpste

Wo die Uhren noch etwas anders gehen: Hubert Wolf lässt sich bei seiner Arbeit im ehemaligen Geheimarchiv des Vatikans über die Schulter schauen.

Das Apostolische Archiv in Rom kann man nur mit einem Visum und durch einen Grenzübertritt an der von der Schweizergarde bewachten Porta Sant'Anna betreten. Dabei ist es ein viel unspektakulärerer Ort, als sich es etwa der Bestseller-Autor Dan Brown ausgemalt hat. Es gibt zwar Korridore voller alter Folianten, aber die Historikerinnen und Historiker, die hier forschen dürfen, sitzen für gewöhnlich in Lesesälen, wie man sie auch anderswo finden könnte - oder sie plaudern in der Bar nebenan. Dennoch: "Wer im Vatikanischen Archiv arbeiten darf", schreibt Hubert Wolf, "für den wird ein Lebenstraum wahr." Auch wenn das Geheimarchiv 2019 von "segreto" in "apostolico" umbenannt wurde, hat es nichts von seinem Nimbus verloren.

Hubert Wolf kennt dieses Archiv wie kaum ein anderer und lässt sich in seinem neuen Buch nun bei der historischen Detektivarbeit über die Schulter blicken. Auf knapp zweihundert Seiten führt er seine Leserinnen und Leser durch Forschungsgebiete, die vom Index der verbotenen Bücher und der Inquisition bis hin zu den politischen Umbrüchen und Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts reichen. In zehn Kapiteln spürt er Kontroversen der Kirchengeschichte nach, die zum Teil noch heute nachwirken. Unter anderem befasst er sich mit der Beziehung der Kirche zum Judentum, dem Umgang mit der Schoa, aber auch mit Fragen der päpstlichen Unfehlbarkeit und dem Zölibat. Das Buch lässt sich lesen als Einführung in die Archivarbeit im Vatikan, aber auch als Überblickswerk zu einigen der ganz großen Fragen, inneren Konflikten und politisch problematischen Aspekten der Kirchengeschichte.

Gleich zu Beginn stellt Hubert Wolf klar, dass es keineswegs nur ein einziges Archiv im Vatikan gibt. Das (ehemalige) Geheimarchiv ist zwar die größte Quellensammlung der Päpste, aber neben ihm gibt es auch das Archiv des Päpstlichen Staatssekretariats, in dem sich diplomatische Akten befinden, und die Archive der Kongregation "Propaganda Fide", der Kongregation für die Orientalischen Kirchen, und der Apostolischen Pönitentiarie, die für die Kurie Gnadenerweise gewährte. Nicht zuletzt arbeitete Wolf auch in dem bedeutenden Archiv der Glaubenskongregation, welches die Akten der Römischen Inquisition und der Indexkongregation verwahrt.

In diesen Archiven stehen keineswegs alle Quellen der Forschung offen. Erst Ende des neunzehnten Jahrhunderts begann der Vatikan, zunächst seine mittelalterlichen und später auch seine neuzeitlichen Akten sukzessive freizugeben. Inzwischen hat sich am Heiligen Stuhl der Usus etabliert, dass Päpste die Archivalien ihrer Vorgänger in chronologischer Reihenfolge der Wissenschaft zugänglich machen. Zuletzt öffnete Papst Franziskus 2020 die Archivbestände von Pius XII. (1939-1958), was nun die Sichtung von vatikanischen Quellen aus der Weltkriegs- und Nachkriegszeit erstmals ermöglicht. Neuere Akten sind leider noch immer geheim. Allein für das Pontifikat Pius' XII. gibt es aber circa vierhunderttausend Kartons mit je bis zu tausend mehr oder minder gut geordneten Seiten.

Die Forschung in den geheimen Archiven fällt mithin nicht leicht, zumal im Vatikan viele Uhren noch anders gehen. Zugänge zu den je eigenständig verwalteten Archiven müssen teils aufwendig beantragt werden. Indizes sind in der Regel nicht öffentlich und können nur im Vatikan selbst eingesehen werden, und Kartons zu bestellen gleicht oft einem Glücksspiel: Nur selten kann man vorher schon wissen, was sich wo befindet. Dokumente zu bürokratischen Alltagsvorgängen, Korrespondenzen und Personalia liegen oft neben politisch hochbrisantem Material. Jeder Tag im Archiv kann somit zu Überraschungen oder Enttäuschungen führen. "Manchmal kommt man sich vor wie Heinrich Schliemann beim Ausgraben von Troja", erklärt Hubert Wolf. "Man braucht eine ganze Reihe stratigraphischer Gräben, um die Goldader in einem bislang unbekannten Bestand aufzuspüren."

Wolf selbst ist dies in seinen Forschungsarbeiten schon vielfach gelungen. Besonders hervorzuheben sind in seinem Buch die drei Kapitel zu Papst Pius XII., in denen er sich intensiv mit dem Wissen des Heiligen Stuhls über den Holocaust auseinandersetzt. Bei ihren Forschungen fanden Wolf und sein Team vor allem Bittschriften von Juden und Konvertiten, anhand derer sich ganz klar nachweisen lässt, dass der Heilige Stuhl bereits frühzeitig über den Völkermord informiert gewesen war. Wolfs Arbeit greift somit in eine jahrzehntealte Debatte zum Schweigen des Papstes in der Weltkriegszeit ein. Man erfährt hier zum Beispiel auch mehr über strukturellen Antisemitismus innerhalb der römischen Kurie und über die vielfältigen Verbindungen, die Eugenio Pacelli als ehemaliger Nuntius in München nach Deutschland pflegte.

Wolf gelingt es, in seinem Buch ganz verschiedene Themen und Forschungsfragen zueinander in Beziehung zu setzen. In zahlreichen chronologischen Sprüngen geht es vom Weltkrieg zurück ins neunzehnte Jahrhundert, zum Umgang der Kirche mit Wissenschaftlern wie Darwin und Ranke und auch in die Frühe Neuzeit, zu Galilei und zur Geschichte der Inquisition. Immer wieder stellt sich Wolf auch theologischen Problemen und Fragen nach einer Kirchenreform. Zentral ist dabei die Thematik von päpstlicher Fehlbarkeit. Warum schwieg die Kirche im Lauf der Jahrhunderte immer wieder zu inneren Missständen oder den Problemen der Welt? Warum machte sie so oft Gebrauch von Zensur? Und warum sperrte sie sich gegen Reformen, wie etwa in Fragen des Zölibats oder der Weihe von Priesterinnen? All diese Fragen können sich nur aus den Archiven heraus beantworten lassen.

Hubert Wolfs glänzend geschriebenes Buch wirft einen Blick "hinter die Kulissen der päpstlichen Unfehlbarkeit". Dabei liegt das Hauptaugenmerk jedoch stets auf den Archiven selbst. Nicht nur erhalten die Leser so Einblicke in vatikanische Dokumente. Sie begleiten den Historiker auch in das Archiv und können sehen, worin seine Quellenarbeit tagtäglich besteht. SIMON UNGER-ALVI

Hubert Wolf: "Die geheimen Archive des Vatikan". Und was sie über die Kirche verraten.

Verlag C. H. Beck, München 2024. 240 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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