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Niemals ohne sie

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"Wir sind wie niemand sonst, wir haben uns selbst erschaffen, die Einzigen unserer Art."

Eine geheimnisvolle Explosion bildet das Herzstück dieser spannenden Geschichte, erzählt von den Kindern der Familie Cardinal: Sie haben den Schneid und die Wildheit von Helden, sie haben Angst vor nichts und niemandem. Und sie sind ganze einundzwanzig. Als der Vater in einem kanadischen Dorf ein Zinkvorkommen entdeckt, rechnet der Clan fest mit einem Anteil am Gewinn doch eine Explosion zwingt die Geschwister zu einem Pakt des Schweigens, der zu einer Zerreißprobe für die ganze Familie wird.
Sanftmütig erzählen die Cardinal-Kinder ihre Geschichte und unerbittlich hüten sie ihr Geheimnis. Durch die Leuchtkraft ihrer Stimmen entsteht ein vielschichtiges Puzzle aus Perspektiven und Erinnerungen.
Mit den Stimmen von Devid Striesow, Claudia Michelsen, Anna Thalbach, Benno Fürmann, Robert Stadlober und Sabin Tambrea

Produktdetails

Erscheinungsdatum
11. März 2019
Sprache
deutsch
Auflage
Ungekürzte Lesung
Ausgabe
Ungekürzt
Dateigröße
335,14 MB
Laufzeit
369 Minuten
Autor/Autorin
Jocelyne Saucier
Übersetzung
Sonja Finck, Frank Weigand
Sprecher/Sprecherin
Claudia Michelsen, Sabin Tambrea, Devid Striesow, Benno Fürmann, Anna Thalbach, Robert Stadlober
Verlag/Hersteller
Produktart
MP3 format
Dateiformat
MP3
Audioinhalt
Hörbuch
GTIN
9783837146905

Portrait

Jocelyne Saucier

Jocelyne Saucier, geboren 1948 in der Provinz New Brunswick, arbeitete lang als Journalistin, bevor sie mit dem literarischen Schreiben begann. Mit ihrem Roman Ein Leben mehr gelang ihr 2015 der internationale Durchbruch als Schriftstellerin. Saucier lebt heute in einem abgeschiedenen Ort im nördlichen Québec.

Pressestimmen

Besprechung vom 09.04.2019

Nach Gold suchen und es ab und zu krachen lassen
Ein anarchischer Familienclan mischt die kanadische Wildnis auf: Jocelyne Sauciers Roman "Niemals ohne sie"

Das vorliegende Buch verhält sich zu einem gewöhnlichen Familienroman in etwa so wie eine Dynamitladung zu einem Feuerwerkskracher. Von Dynamit ist dort viel die Rede: Die erste Sprengung zum siebten Geburtstag ist das familiäre Aufnahmeritual und eine Einweisung in die Freuden des Lebens. Mit Dynamit kann man Fallen basteln, die Bären die Mäuler wegreißen oder lästige Mädels in der Schule zum Schweigen bringen, indem man ein dezentes Stängelchen aus der Hemdtasche lugen lässt. Die eigentliche Sprengkraft des Romans ist allerdings menschlicher Art: Es handelt sich um die 21 Kinder der Cardinal-Familie, die das brenzlige Gemisch dieses Romans ausmachen.

Die wilde Bande haust in Norcoville, einer (wohl fiktiven) Stadt im Westen Québecs, in der die Northern Consolidated ein Zinkvorkommen abbaut. Während die Mutter vollauf in der Küche beschäftigt ist und der Vater nach Erzvorkommen sucht oder über Bodenproben im Keller grübelt, führen die Kinder einen ewigen Krieg gegen die "Landeier" der Umgebung. Auch wenn man ihr nie begegnen möchte: Schon die Schilderung dieses anarchischen Clans, seiner ausgefallenen Spitznamen, seines Feuerkriegs oder seiner inneren Hackordnung ist eine Freude. Wirklich spannend wird der Roman dann erstens durch das, was passiert, als die Bergbaugesellschaft abzieht. Zweitens trägt die raffinierte Erzählweise Sauciers dazu bei, dass der Leser in den Strudel der Ereignisse und Enthüllungen gezogen wird.

Zuerst zum Plot: Eigentlich ist das Zinkvorkommen der Fund des Vaters, der sich mit Anteilsscheinen der Bergwerksbetreiber auszahlen ließ. Nur: Als Folge einer Krise rauschen die Zinkpreise in den Keller, die Förderung lohnt nicht mehr, die Mine wird verlassen und Norco aufgegeben. Die Cardinal-Gören, die immer den Eindruck hatten, man habe ihren Vater betrogen, reißen die Herrschaft über die verwildernde Stadt an sich: "Die Stadt war eine Enklave, eine schmale Schneise im Wald, eine karge, baumlose Insel, auf der nichts wuchs als hohe Gräser, die träge zwischen den Häusern wogten, und so war sie der Glut des Himmels schutzlos ausgeliefert, die Stadt war eine riesige Kochplatte, die wir in alle Himmelsrichtungen durchstreiften, von morgens bis abends, verdreckt, sonnengebräunt, eroberungslustig." Der Vater entdeckt unterdessen eine Goldquarzader in der verlassenen Mine und baut sie mit dem machthungrigen Wildfang Geronimo - laut Vater: "Das Herz dieses Jungen pumpt Nitroglyzerin durch seinen Körper" - jahrelang heimlich ab. Als die Northern Consolidated dank Aerogeophysik begreift, dass in der Mine noch viel zu holen ist, stehen die Cardinals vor dem Problem, dass ihr Privatstollen entdeckt zu werden droht. Die Lösung: Dynamit natürlich, eine "gewaltige Detonation, die aus den Tiefen der Erde hochschoss, die kahle Kuppe unseres Bergs aufblähte, anhob und einstürzen ließ, sodass er mit ohrenbetäubendem Getöse in sich zusammenfiel".

Nur geht die Sache schief, bei der Sprengung stirbt Angèle. Die Siebzehnjährige hatte eine Sonderrolle in der Familie: Sie war das bravste und ehrgeizigste Kind - "das einzige mit einer Begabung zum Glück"; durch die McDougalls, kinderlose Wohltäter, war sie in den Genuss einer guten Erziehung und einer humanistischen Schulbildung gekommen. Ihre Extravaganz musste sie bei jeder Rückkehr teuer bezahlen, ihre feinen Kleider blieben nie hell und heil, die Leichen der Nachbarskatzen musste immer sie zählen. Warum sie zum Zeitpunkt der Explosion in der Mine war, weiß niemand. Ihren Tod kaschieren die Älteren auf Initiative von Jeanne d'Arc dadurch, dass sie Tommy, Angèles Zwillingsschwester, eine Abreise in die Großstadt vorspielen lassen.

Danach verstreuen sich die Cardinal-Kinder in alle Winde, von Australien bis Tschetschenien, damit die Mutter den Tod der Tochter nicht bemerkt. Die Ereignisse werden im Rückblick erzählt: Die Familie findet nämlich dreißig Jahre später auf einem Kongress wieder zusammen, auf dem der Vater zum "Erzsucher des Jahres 1995" gekürt wird. Das Wiedersehen ist spannungsgeladen: "In unserer Mitte klaffte ein Loch, wir hatten uns rings um Angèles Anwesenheit versammelt." Tommy weigert sich, ein weiteres Mal Angèle zu spielen. Ihr Tod wird daher erstmals angesprochen, und es kommt heraus, dass längst alle davon wussten.

Saucier, eine ehemalige Journalistin und 1948 in der Provinz New Brunswick geboren, beherrscht nicht nur das Was, sondern auch das Wie der Erzählung: Ihr narratives Vorgehen ist so subtil wie spannend. Sie lässt die Ereignisse durch sechs Cardinal-Kinder erzählen, Matz, Jeanne d'Arc, Tommy, El Toro, Émilien und Geronimo; am Ende darf Zwilling Tommy, die Angèle am nächsten stand, nochmals übernehmen und die Möglichkeit einer finalen Enthüllung skizzieren. Das Spiel mit den Perspektiven ist reizvoll: Figuren werden nach und nach eingeführt, Urteile sind nur provisorisch gültig, weil neue Informationen oder die Innensicht des Betroffenen Sachverhalte plötzlich in ein neues Licht setzen. So steht der Vater mal als idealistischer Waldschrat, mal als gewitzter Aktienspekulant da.

Sauciers Spiel mit wechselnden Linsen begnügt sich aber nicht mit einer statischen Draufsicht. Unaufhaltsam zieht es den Leser immer weiter in eine dreifache Dunkelheit hinein: die der Handlung, der Familie, der Mine. Die Abfolge der Erzähler führt zu einer schrittweisen Enthüllung, denn sie verfügen über wachsende Einsicht: Matz als jüngstes und schwächstes Familienmitglied markiert den äußeren Kreis, er berichtet bewundernd von der geliebten Sippe; Jeanne d'Arc als älteste Schwester hat bereits mehr Entscheidungsgewalt, kennt jedoch die Dynamik unter den Geschwistern nur teilweise; Tommy weiß um alle Vorgänge Angèle betreffend, hat aber keine Einsicht in die Vorgänge in der Mine; und so fort. Der Leser erfährt schrittweise von Angèles Tod, von den Sachverhalten in der Mine, von den Motivationen und Verantwortlichkeiten der Akteure. Am Ende wird auch das letzte Rätsel angesprochen: warum Angèle zum Zeitpunkt der Explosion überhaupt in der Grube war.

Sauciers Romane verlegt hierzulande Insel: Bisher wurde dort "Ein Leben mehr" (2011, deutsch 2015) publiziert, der vierte und vorerst letzte Roman der Autorin; er war ein Bestseller und wird verfilmt, hat aber in der deutschen Kritik keine besondere Aufnahme gefunden. "Niemals ohne sie" ist Sauciers zweiter Roman und in Kanada bereits 2000 erschienen: Flott übersetzt haben ihn Sonja Finck und Frank Weigand, die angesichts des Familien-Idioms Erfindergeist belegen. Auch wenn manche Passage etwas viel erklärt und die Autorin ordentlich dick aufträgt: Saucier gelingt es, dem Leser erst ein freches, freies Leben vorzugaukeln und ihn dann schrittweise in dessen finsteres Herz zu führen - ein grandioser Höllenritt, der Neugier auf mehr schürt.

NIKLAS BENDER

Jocelyne Saucier: "Niemals ohne sie". Roman.

Aus dem Französischen von Sonja Finck und Frank Weigand. Insel Verlag, Berlin 2019, 256 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon engineerwife am 01.12.2023
Das stelle man sich mal vor ... 21 Kinder in die Welt zu setzen! Die Cardinals, die in einem kleinen kanadischen Dorf aufwachsen, sind gewiss eine Seltenheit. Dass bei solch einer Menge an Kindern nicht alles eitel Sonnenschein sein kann, ist da natürlich nicht verwunderlich. Und dass bei 21 Kindern nicht immer alle zu Wort kommen, ist auch klar. Deshalb widmet die Autorin ihr (Hör)buch sechs der inzwischen erwachsenen Kindern und gibt ihnen eine Stimme, um ihr Leben und vor allem auch ihre Kindheit zu schildern. Ganz langsam baut sich ein Spannungsbogen auf, der schließlich die Aufklärung des stets angedeuteten Geheimnisses preisgibt und die Tragik deutlich macht, in die es damals die ganze Familie gestürzt hatte.Für mich war das Buch etwas gewöhnungsbedürftig und obwohl jedes der sechs Kinder einen eigenen Sprecher hatte, war es nicht einfach, mit der Fülle der Namen zurecht zu kommen, da die Kinder sich zudem auch noch oft Spitznamen gegeben hatten. Ich finde es schwierig, dieses Buch zu beurteilen. Viele Wiederholungen lassen es oft ein wenig zäh wirken und dennoch entwickelte es eine Art Sog, der mich immer wieder zum Weiterhören animierte. Von mir gibt es für diese außergewöhnliche Geschichte deshalb vier von fünf Sternen. 
LovelyBooks-BewertungVon parden am 20.06.2023
FAMILIENGEHEIMNISSE...Die Cardinals sind keine gewöhnliche Familie. Sie haben den Schneid und die Wildheit von Helden, sie haben Angst vor nichts und niemandem. Und sie sind ganze dreiundzwanzig. Als der Vater in der stillgelegten Mine eines kanadischen Dorfes Zink entdeckt, rechnet der Clan fest mit einem Anteil am Gewinn - und dem Ende eines kargen Daseins. Aber beides wird den Cardinals verwehrt, und so schmieden sie einen explosiven Plan, der, wenn schon nicht die Mine, so wenigstens die Ehre der Familie retten soll. Doch der Befreiungsschlag scheitert und zwingt die Geschwister zu einem Pakt des Schweigens, der zu einer Zerreißprobe für die ganze Familie wird. (Klappentext)Das Ungewöhnliche an der Familie Cardinal ist schon einmal die schier unglaubliche Anzahl ihrer Kinder: 21 sind es, und sie erziehen sich weitestgehend selbst. Der Vater, ein Erzsucher, verkriecht sich stets in seinen Keller, um weiter zu forschen, Gesteinsproben zu analysieren und Pläne zu schmieden; die Mutter steht gefühlt ständig am Herd, um die Bande satt zu bekommen. Nur des Nachts, wenn alle Kinder in ihren Betten liegen, geht die Mutter leise durch ihre Zimmer und deckt sie zu - die einzige Zeit am Tag, wo die Mutter für jedes einzelne Kind da ist, kostbar und selten.Die Kinder sind alles andere als brav, im ganzen Dorf verschrieen, und auch untereinander ist der Umgang nicht gerade zimperlich. Sie wohnen in der kleinen Bergarbeitersiedlung Norcoville in der kanadischen Provinz Québec, weil der Vater dort einst ein Zinkvorkommen entdeckte und eine Gesellschaft dort daraufhin eine Mine errichtete - allerdings ohne den Vater entsprechend zu entlohnen. Doch nun ist die Mine stillgelegt, der Vater fühlt sich um so mehr um seinen Lohn geprellt. Mit einem seiner Söhne betritt er in aller Heimlichkeit die geschlossene Mine, denn er ist sich sicher: dort ist noch mehr zu finden. Und tatsächlich stößt er auf eine unschätzbar wertvolle Ader, die er diesmal aber nicht melden wird, sondern sich selbst zunuzte machen will. Doch es läuft nicht alles wie geplant, und es steht zu befürchten, dass der Vater auch diesmal nichts vom großen Kuchen abbekommen wird und er sich zudem noch vor dem Gesetz verantworten mus.Dynamit durchzieht die Kindheit aller Sprösslingen der Cardinals. Am siebten Geburtstag darf jedes der Kinder das erste Mal unter Aufsicht des Vaters seine erste Stange Dynamit zünden und wird dabei mit den Gefahren des Sprengstoffs vertraut gemacht. Dynamit ist es auch, worum sich das das große Familiengeheimnis rankt - ein Geschehnis, das alle für immer verändern wird, auch wenn niemand mehr darüber spricht. Der Pakt des Schweigens hat jedenfalls seinen Preis. Wer alt genug ist, verlässt die Familie unwiederbringlich, und Treffen werden fortan tunlichst vermieden. Doch 30 Jahre später soll der Vater auf einem Kongress als erfolgreicher Erzsucher geehrt werden - und alle Familienmitglieder sind geladen. Eine explosive Mischung...Erzählt wird die Geschichte nacheinander aus der Perspektive von sechs Kindern der Cardinals. Dabei gleitet die Erzählung rasch von der Skizzierung der jeweiligen Gegenwart hin zu den Erinnerungen an damals. Diese fallen durchaus unterschiedlich aus, was zum einen dem verschiedenen Kenntnisstand zuzuschreiben ist, zum anderen aber auch der Bewertung und Einschätzung von Situationen. Dadurch entsteht nach und nach ein komplexes Bild - von dem Zusammenleben als Großfamilie, von den Ereignissen im Dorf, von dem Unglück und den individuellen Strategien mit den Folgen umzugehen, von dem Leben danach. Jedes der inzwischen schon lange erwachsenen Kinder gibt andere Details preis, bis sich die ganze Tragödie offenbart.Gelesen werden die jeweiligen Perspektiven (ungekürzte Hörbuchausgabe: 6 Studen und 9 Minuten) von verschiedenen Sprecher:innen: Devid Striesow, Claudia Michelsen, Anna Thalbach, Benno Fürmann, Robert Stadlober und Sabin Tambrea. Diese Aufteilung erscheint mir passend, auch wenn mir von der dysfunktionalen aber verschworenen Famiie niemand so recht sympathisch war. Zwischendurch gab es für mein Empfinden auch einige Längen, wenn derselbe Sachverhalt durch einen Perspektivwechsel zum zweiten oder dritten Mal wiederholt wurde. Erst die Offenbarung des Familiengeheimisses sorgt dann wieder für Spannung, und zwar ob während der Ehrung des Vaters schließlich doch die ganze Wahrheit ans Licht kommt...Ein ungewöhnlicher Familienroman, interessant konzipiert, düster und bedrückend, aber auch eindringlich und stellenweise fast surreal in der Darstellung. Ein Roman, der einen in den Bann zieht...© Parden