"Die Nadel" war Ken Folletts erster großer Erfolg und thematisch schließt er mit seinem neuen Buch "Die Leopardin" nach vielen Jahren hier wieder an. Follett glänzt mit seiner absoluten Stärke - spannende Unterhaltung vermischt mit historischen Fakten - und bietet Lesevergnügen vom Feinsten. Felicity, auch "die Leopardin" genannt, gehört mit ihren knapp achtundzwanzig Jahren zu den dienstältesten Agentinnen Englands. Sie plant im Mai 1944, die Landung der Alliierten steht kurz bevor, mit der kleinen Résistance - Gruppe, deren Leiter ihr Ehemann Michel ist, einen Überfall auf das Hauptquartier der Gestapo im besetzten Frankreich. Der Angriff scheitert, doch Felicity ist hartnäckig und hat eine aberwitzige Idee: Was ist unverdächtiger als eine kleine Gruppe von Frauen, die zur Putzkolonne gehören? Wer würde gegen Frauen mit Putzlappen und Besen bewaffnet, Bedenken haben? Allerdings, ihr Gegenspieler auf der deutschen Seite, Major Dieter Franck, ist misstrauisch. Während Felicity ihre kleine bunt zusammengewürfelte Gruppe, von der verurteilten Mörderin bis zur vornehmen Aristokratin ist alles dabei, in London im Schnelldurchlauf zu Nahkampf-Expertinnen ausbildet, die sich auch vor einem Fallschirmabsprung nicht fürchten, bereitet Franck ihren Empfang vor. Er belauscht den Funkkontakt nach London und weiß durch seine psychologisch exzellent ausgetüftelten Inquisitionsmethoden, die unmenschlich brutal sein können, bereits eine Menge über die Organisation der Résistance. Doch Felicity ist schlau und ihr weiblicher Instinkt sendet massive Alarmsignale. Ein unglaublich spannender Kampf beginnt. Auch wenn der Ausgang durch die Geschichte längst bekannt ist, fesselt Follett seine Leser durch Porträts so unterschiedlicher Männer wie Generalfeldmarschall Rommel, der den kühl kalkulierten Überraschungsangriff bevorzugt, oder General Montgomery, dessen Devise lautet: "Schlachten gewinnt man, indem man so lange nicht kämpft, bis alle Vorbereitungen getroffen sind." Die verzwicke Arbeit der Résistance und die Tage vor der Operation "Overlord", "der größten Militäroperation in der Menschheitsgeschichte", stellt Follett ebenfalls sehr plastisch dar. Überzeugend ist die Person Dieter Franck. Zum einen ein hervorragender Menschenkenner, fast ein Psychologe, der andererseits sein Wissen hemmungslos zu seinen Gunsten einsetzt und vor brutaler Folter nicht zurückschreckt, wobei er die schmutzige Ausführung gerne den Schergen der Gestapo überlässt. "Die Leopardin" gehört zu den Romanen, die ohne Einschränkung empfohlen werden können. © Manuela Haselberger