Bewertung:
Das Cover passt hervorragend und erinnert doch sehr an "Final Girls" - das ist auch nicht die einzige Parallele zwischen den beiden Werken. Die Art der Geschichte und der Charaktere erinnern ebenfalls an das Erstlingswerk. Hier unterscheidet sich aber vor allem die Spannung voneinander: Sie fehlt hier fast komplett. Für mich, die von "Final Girls" begeistert bin, eine Enttäuschung. Die Geschichte hat sogar Nachahmer wie "Im dunklen, dunklen Wald" von Ruth Ware, die fast ein Spiegelbild des Werkes ist. Ich vergleiche ungern Werke miteinander, da jedes eine eigene Geschichte hat, aber die Art der Erzählung weisen bei einigen Werken mancher Autoren Ähnlichkeiten auf und machen den roten Faden des Erzählstils deutlich. Und wenn ein Autor/eine Autorin zwei oder mehrere Werke auf dieselbe Weise schreiben, ist das wohl selten ein Zufall und schreit für mich nach einem Vergleich. Dieser ist auch nur verständlich für diejenigen, die auch beide Werke kennen.
Der Titel bezieht sich nur auf die Tagesform Nacht, wie der Untertitel zeigt - was schade ist, denn zwischen den Zeilen könnte er auch Charlies Dunkelheit bezeichnen, was ihre fehlenden Erinnerungen zum Mörder ihrer besten Freundin angeht. Ich mag solche zweideutigen Titel, die zum Nachdenken um ihre Bedeutung anregen.
Charlies (ein ungewöhnlicher Name) hat den bekannten Serien-Campus-Killer an der Seite ihrer besten Freundin gesehen, bevor dieser sie ermordet hat. Das Problem ist, dass sie sich nicht mehr an ihn erinnern kann; wie er aussieht, wer er ist. Das trägt sie die ganze Zeit des Verlaufes mit sich herum und ist auch Teil des Puzzles, das den Hörern/Lesern immer wieder vorgehalten wird. Man merkt, dass sie psychische Probleme hat, erfährt aber nie, was wirklich nicht mit ihr stimmt. Das bleibt bis zum Schluss offen, wird sogar wegerzählt, als ob nie etwas gewesen wäre. Sie wird etwas heroisch dargestellt, und sie sagt auch selbst, sie muss Josh (auch merkwürdiger Name) aufhalten, der sie mit seinem Auto mitgenommen hat. Im allgemeinen sind die Namen hier ungewöhnlich, wie frei erfunden, ob Haupt- oder Nebencharaktere. Charlie hat Rückblicke auf vergangene Momente, bildet sich aber auch welche ein, z.B. Gespräche mit ihrer toten besten Freundin. Im ersten Moment nicht ganz einfach beide voneinander zu unterscheiden.
Die Sprecherin spricht stimmlich zwar angenehm, aber eher eintönig, sodass für mich bis zur Ankunft im Lokal keine Spannung aufkommt. Ich weiß aber nicht genau, ob das an ihr liegt oder an dem langgezogenen Verlauf, der so nichtssagend ist. Es passiert nicht wirklich etwas. Dieser ganze Roadtrip, den der Autor psychodynamisch aufbauen wollte, hat mich gar nicht berührt. Das unterscheidet das Werk von "Final Girls" - alle, die es kennen, wissen, was ich meine. Man muss bei beiden werken aufpassen, nicht zu viel zu verraten, weil es einige Wendungen gibt.
Bei einer Stelle musste ich sogar sehr viele Male erneut ansetzen, weil ich weggedämmert bin und nichts behalten habe. Das passiert selten. Normalerweise fange ich an Stellen mehrfach an, wenn der Verlauf und die Charaktere komplex sind und so nicht viel beibehalten kann. Es dauert dann lange, bis ich über den immer zuhörenden Punkt hinaus bin.
Nach etwas mehr als der Hälfte wird es also unrealistisch und es geht bergab. Es folgen einige Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet habe. Gleichzeitig wirkt es auf mich etwas aufgesetzt - als wolle der Autor damit Spannung erzeugen und nicht, weil der Moment den Verlauf so hergibt. Das ist sehr schade, weil der Autor das erheblich besser kann. Sobald die erste Wendung erfolgt, plumpsen immer weitere fast hinterher, sodass ich doch gefesselt weiterhören musste. Auch das kenne ich von seinem Erstlingswerk.
Die Kapitelüberschriften ergeben für mich keinen Sinn. Beispiel: Innen, Volvo, Nacht. Ob da Kommas dazwischen sind, weiß ich nicht, die werden ja nicht mitgesprochen. Aber so geht das immer weiter. Ich verstehe den Sinn nicht. Sinnvoller wäre es gewesen, Zeitangaben anzugeben, da die Geschehnisse ja alle in einer Nacht passieren. So wirkt das Ganze auf mich etwas chaotisch.
Und das Ende ist künstlich Friede, Freude, Eierkuchen - Verlauf und Charaktere! Pathetisch, unschön, unbefriedigend. Die Täterpräsentation und alles was darauf folgt, sind völlig unpassend zum ganzen Verlauf, passen aber wiederum in das "Final Girls"-Schema. Als wäre dem Auto kein passender Täter eingefallen und es musste kurzerhand jemand schnelles aus dem Umfeld her - so kommt es rüber.
Fazit:
Wer "Final Girls" kennt, findet hier einige Parallelen, aber nur wenig überzeugende Gemeinsamkeiten. Der essenzielle Faktor Spannung fehlt hier fast überall und auch die Ausbaufähigkeit der Charaktere lässt zu wünschen übrig. Sie bleiben unvollendet und kühl. Eine gute Idee, die etwas aus der Wirklichkeit fällt. Ich bewerte selten ein von mir vollendetes Werk mit zwei Sternen, aber mehr kann ich hierfür nicht vergeben. Tut mir sicher mehr weh als dem Autor.